Mittwoch, 17. April 2013

5.0 Bundeswehr



Dienst am Vaterland und Bildung nützlicher(?) Eigenschaften



Die endlosen Diskussionen mit meinem Vater führ­ten zu unerträglichen Spannungen. Als Siebzehnjähri­ger neigt man eben zum permanenten Widerspruch. Hektisch suchte ich nach einem Ausweg. Nur erst mal weg aus Bremen.

Mein Onkel bot mir an, in seinem Unternehmen zu ar­beiten. Inzwischen hatte er ca. 50 Supermärkte, eine Schlachterei und einen Großhandel. Ich erklärte ihm, dass ich zwar gerne esse, aber meinen weiteren Le­bensweg nicht in der Lebensmittelbranche sähe. Viel­leicht ein Fehler, aber …..

Außerdem hätte es bedeutet, in Bremen bleiben zu müs­sen. Mir fiel eine Anzeige der Bundeswehr ins Auge. Warum nicht eine Bewerbung schicken? Ich suchte die Luft­waffe aus. Die Uniformen sahen noch am besten aus. Das Heer kam nicht infrage: Ich hasste graben und laufen! Auch die Marine wurde nicht in Betracht gezogen: Die Schiffe schaukeln zu sehr!

Nach einigen Tagen erhielt ich eine Einladung für die Musterung. Die Formalitäten meiner Bewerbung waren schnell erledigt. Man wurde untersucht und in­terviewt. Es folgten einige Sportübungen. Liegestütze hatte ich zwar nicht besonders in mein Herz geschlos­sen, aber ...

Die Grundausbildung

Kurz danach erhielt ich Post mit der Anweisung, mich an einem bestimmten Tag und einer festgelegten Uhrzeit in der Luftwaffenkaserne in Altenwalde bei Cuxhaven zu mel­den. Die Grundausbildung sollte starten.

Vor der Kaserne standen viele junge „Männer“ mit Rei­setaschen, und einige Uniformierte versuchten, Ordnung zu schaffen. Wir wurden namentlich erfasst und je sechs einer Stube zugeordnet. Nach passieren der Eingangswache über­nahmen unsere späteren Aus­bilder die einzelnen Gruppen und führten uns ins zu­künftige Heim.

Die Stuben hatten jeweils drei Doppelbetten und sechs Spinde. In der Mitte gab es einen Tisch und sechs Stühle. Sofort entbrannte der Kampf um die Betten. Je­der wollte oben schlafen. Ich hatte meine Reisetasche beim Betreten auf das 1. Oberbett geworfen und beob­achtete grinsend die Be­mühungen der restlichen Mit­bewohner. Nach einigen Minu­ten war die Belegung ge­regelt. Wir versammelten uns am Tisch und stellten uns einander vor.

Ich war der Jüngste und nahm mir vor nicht als sol­cher behandelt zu werden. Schien auf Anhieb zu funk­tionieren. Durch gezielte Fragen erfuhr ich interessante Details über meine Mitbewohner und vermied peinli­che Fragen an mich.

Wir wurden noch am gleichen Tag eingekleidet. In der Kleiderkammer habe ich etwas für mein späteres Leben ge­lernt: „Kurzer Blick, anprobieren, passt + raus.“

Uns wurde dann von erfahrenden "Kriegern“ er­klärt, wie man die ganzen Utensilien im Spind unter­bringt: Ord­nung muss sein!

Die nächsten Tage brachten weitere Erkenntnisse: „Auch wenn die Befehle sinnlos klangen, mach es und falle nicht auf.“ Wenn Vorgesetzte in der Nähe waren "zeige Aktivis­mus und Enthusiasmus". Sie lieben das!

Das Soldatenleben bestand zunächst in der Haupt­sache aus dem Erlernen eines aufrechten Ganges, dem Auf und Nieder im Schlamm und gezieltem Putzen von Waffen und Unterkunft. Hier konnte man einiges für den weiteren Le­bensweg lernen:
  • Nutze jede Gelegenheit zur Regeneration
    .
  • Wenn jemand brüllt, schalte auf "Durchzug“ .

  • Schau dir die Leute in deinem Team genau an.

  • Studiere die Schwächen und Stärken der Menschen in deinem Umfeld.

Besonders beliebt war das Singen von Marschlie­dern während der häufigen Märsche. Nach meinem ersten Ge­sangseinsatz von "Unter dem Dach juhe hat der Sperling ...“ lautete es ab sofort: "Ein Lied zwo, drei und Jä­ger, halten Sie den Mund!"

Nach der Heimkehr in die Kaserne war ich häufig der Einzige, der in der Kantine noch verbale Bestellun­gen aufge­ben konnte,

Erkenntnis: Singe wem Gesang gegeben und nutze deine natürlichen Talente

Lernen für das spätere Leben

Der Reinigungswahn bei der Bundeswehr gehörte nicht gerade zu meinen Lieblingsaktivitäten. In der Grundausbil­dung gab es nur Wochenendurlaub, wenn die Unterkünfte blitzblank geputzt waren. Wehe, es wurde auch nur ein Staubkrümel bei der Abnahme ge­funden. Ich war eines Tages zur Reinigung der Waschräume eingeteilt. Bewaffnet mit Eimer, Putzmit­teln und Schrubber steuerte ich den Sanitärbereich an. Zwanzig Waschbecken, zwanzig Spiegel, zehn Dusch­kabinen, vier Toiletten warteten auf meinen Einsatz. Alles musste in einer Stunde „funkeln.“

Beim Betreten des Raumes traute ich meinen Augen nicht. Irgendein Witzbold hatte mit einem Lippenstift „Nu putz mal schön“ auf einen der Spiegel geschmiert.

Das Leben erfordert es, Prioritäten zu setzen. Ich ent­schied die anderen Putzaktionen vorzuziehen und den Spie­gel als Letztes zu bearbeiten. Im Wettlauf ge­gen die Uhr ras­te ich von Becken zu Becken, Spiegel zu Spiegel und den Rest der Einrichtung.

Noch fünf Minuten für den bemalten Spiegel. Die mitge­lieferten Putzmittel waren total ungeeignet. Das „Ding“ sah immer verschmierter aus. Hilfe!!!

Ich hörte auf dem Flur die Schritte des Offiziers von Dienst. Jede Minute konnte der gnadenlose Kerl den Sani­tätsbereich betreten. Was tun? Kurz entschlossen nahm ich den Spiegel von der Wand und verstaute ihn unter meiner Drillichjacke.

Die Tür flog auf. Ich stellte mich zackig hin und schnurr­te meine Meldung: „Flieger Jäger meldet Sani­tätsbereich fer­tig zur Inspektion.“ Der OvD stand vor mir und sagte: „Endlich haben Sie mal eine richtige Haltung, Flieger Jäger, weitermachen.“

Er grüßte und verschwand.

Als ich in unsere Stube zurückkehrte, saßen meine Mit­bewohner grinsend am Tisch und fragten: „Was hat er denn zum Spiegel gesagt?“

Ich knöpfte meine Jacke auf, nahm den Spiegel, leg­te ihn auf den Tisch und antwortete: „Leutnant Kirch­ner hat be­fohlen, dass ihr den Spiegel geputzt in 10 Mi­nuten bei ihm vorbei bringt.“

Herrlich, diese dummen Gesichter zu sehen!
Später umging ich das Reinigungsritual durch einen ein­fachen Trick. Ich nahm einen Besen und eilte mehr­fach den Flur auf und ab. Der Kompaniefeldwebel hielt mich an: „Wo wollen Sie hin?“ „Will den Aufenthalts­raum fegen, Herr Hauptfeldwebel.“ „Das ist gar nicht Ihr Revier, wir wollen doch nicht übertreiben, oder? „Jawohl, Herr Hauptfeldwe­bel.“ Nun konnte ich die Kantine besuchen.

Erkenntnis: Jeder sieht, was er sehen will

Was war los in der Welt 1960?

Das Jahr 1960 wird auch als Afrikanisches Jahr bezeichn­et, weil gleich 17 afrikanische Kolonien die Un­abhängigkeit von ihren Kolonialmächten erlangen: Ka­merun, Togo, Ma­dagaskar, die Demokratische Repu­blik Kongo, Somalia, Be­nin, Niger, Burkina Faso, Elfen­beinküste, Tschad, die Zen­tralafrikanische Republik, die Republik Kongo, Gabun, Sene­gal, Mali, Nigeria und Mauretanien.

         In den USA beginnt mit der Wahl von John F. Ken­nedy zum Präsidenten eine neue Ära.
         Alfred Hitchcocks „Psycho“ hatte Weltpremiere
         Elvis Presley, Roy Orbinson, die Everly Brothers waren meine Favoriten.
         Erster Auftritt der später berühmten Liverpooler Band unter dem Namen „The Beatles“ , im   Musik­club Indra an der Großen Freiheit im Hamburger Rotlichtviertel St. Pauli
         In den USA erscheint Harper Lees Roman „To Kill a Mockingbird“
         Armin Hary läuft beim Leichtathletik-Meeting im Zürich mit 10,0 Sekunden im 100-Meter-Lauf neuen Weltrekord.
         Jack Brabham wird zum zweiten Mal Formel 1-Weltmeister.

Die üblichen Aktivitäten während der Grundausbildung:


Formalausbildung, Marschieren, Waffenreinigen, Unter­richt und Liegestütze, bestimmten den Tagesab­lauf. Unsere Ausbilder waren kaum älter als wir und wurden nicht be­sonders ernst genommen. Man durch­schaute sie sehr schnell und nutzte ihre Schwachstellen aus.

Erkenntnis: Beobachte immer das Umfeld

Die sechs Monate gingen vorbei. Die Trennung von den Stubenkameraden fiel mir echt schwer. Wir hatten so viel miteinander erlebt. Der ewig lachende Eckhard Barend. Es machte echt Spaß ihm Witze zu erzählen. Endlich war da mal jemand, der 15 Minuten über eine Pointe lachen konnte.

Oder Grumpelt den Eifrigen. Während der Märsche bat er immer, das Maschinengewehr tragen zu dürfen. Nach der dritten Bitte gab ich nach und fühlte mich er­leichtert.

Da war auch noch unser Bayer. Jörg Schlögl war der Kleinste von uns und tat uns leid. Als Letzter der Marsch­formationen trug er die unhandliche Bazooka. Bei dem Be­fehl: „Volle Deckung“ musste er den längs­ten Weg laufen. Wenn er sich gerade hinlegte, hieß es: „Sprung auf, Marsch, Marsch“ oder so ähnlich. Der arme Bursche kam nie zur Ruhe.

Axel Portugal war unsere Nachrichtenzentrale. Er kann­te stets die aktuellen Neuigkeiten und hielt uns so stets auf dem neuesten Stand.

Hermann Pleyn war auch aus Bremen. Er wanderte spä­ter nach New York aus. Drei Jahre später erschien er plötz­lich wieder. Er sollte in den USA zur Army ein­gezogen und nach Vietnam versetzt werden. Er wand­te sich an die Deut­sche Botschaft. Dort stellte man fest, dass Hermann drei Monate bei der Bundeswehr fehl­ten. Mit insgesamt 18 Mo­naten würde er vom Militär­dienst in den USA freigestellt. Entschluss: Eine dreimo­natige Wehrübung in Deutschland wurde eingeleitet.

Erkenntnis: Manchmal sind Beamte kreativ

Mobilität wurde zum Standard

Nach der Grundausbildung wurde ich zu einer Fernmel­deeinheit versetzt. In Schleswig angekommen gab es gleich einen Marschbefehl nach Lagerlechfeld. Ein Lehrgang sollte absolviert werden. Diese Mobili­tätsbereitschaft hat mir im späteren Berufsleben sehr geholfen. Nach der Ankunft in La­gerlechfeld war man dort sehr erstaunt: Der Lehrgang war erst vier Wochen später geplant. Telefonate mit Schleswig führten zur Entscheidung: "DER" bleibt in Lagerlechfeld, man hatte keinen Unterkunftsplatz in Schleswig für mich!

Hier lernte ich, große Organisationen stets skeptisch zu betrachten. Die desolate Ablauforganisation war ge­radezu friedensstiftend.

Es war eine äußerst langweilige Zeit. Allein in ei­nem lee­ren Kasernenblock. Ich hatte zwar genügend Bücher dabei, aber die einzige Abwechslung erfolgte durch die Mahlzeiten.

Ich lernte einige Militärpolizisten der US-Army aus Augsburg kennen, und wurde eingeladen, an Streifen­fahrten teilzunehmen (in Zivil natürlich). Vor der ers­ten Fahrt machte ich mich mit den zwei MPs unseres Streifenwagens bekannt. Sie sagten, dass wir noch auf den "Boss“ warten müssten. Armstrong wäre noch auf einer Besprechung.

Armstrong schien der richtige Namen für einen Chef der beiden Riesen zu sein. Überrascht musste ich feststellen: Er war kleiner als ich! Aber ein mehrfacher Karatemeister. Die erste Fahrt führte durch diverse Bars in Augsburg. Die ame­rikanischen Soldaten setzen sich nach unserem Erscheinen ordentlich hin und rich­teten ihre Krawatten. Davon könnten unsere Feldjäger nur träumen.

So wurde die Zeit bis zum Lehrgangsbeginn einigermaß­en überbrückt. Ich hatte inzwischen alle Bücher gelesen und entwickelte einen geregelten Tagesablauf:

Duschen        
Frühstücken  
Bett bauen
Schlafen         
Mittagessen
Schlafen         
Abendessen
Kantine         
Schlafen


                             Erkenntnis: Der Mensch ist anpassungsfähig



Erste Begegnung mit dem Tod


Der Lehrgang begann letztendlich und nach zwei Wo­chen beschlossen vier Nordlichter einen Wochen­endbesuch bei unseren Familien. Nach Dienstschluss bestiegen wir das Auto und machten uns auf den Weg. Ich saß hinter dem Fahrer, neben mir saß Hans K., und wir nutzen die Gelegen­heit für einen Nickerchen. Plötzlich gab es ein krachendes Geräusch. Erschrocken fuhr ich hoch. Hans lag an meiner Schulter und rührte sich nicht.

Wir waren gegen einen unbeleuchteten Ackerwagen ge­fahren. Ich versuchte Hans zu wecken, musste aber feststel­len, dass er tot war. Er hatte am Fenster geschla­fen und die Kante des Ackerwagens musste ihn beim Aufprall an der Schläfe getroffen haben. Wir rannten kopflos an der Unfall­stelle herum, bis ein Polizeiwagen erschien.

Erste Reaktion der Polizisten: junge Raser! Der Bau­er hatte inzwischen eine Petroleumlampe am Ackerwa­gen an­gebracht. Ein Wagen der US-Army erschien und ein junger Offizier fragte, was geschehen sei. Die Poli­zisten berichteten, wir hätten den Unfall verursacht und sie würden den Vor­gang nun protokollieren. Der Offizier erklärte, wir seien NATO-Angehörige und die Zuständigkeit läge jetzt bei ihm. Er rief einen Bus und einen Transporter. Uns untersagte er Aussagen zu dem Vorfall zu machen, und erklärte den ratlo­sen Polizisten sie könnten am nächsten Tag zum Protokollie­ren in die Kaserne kommen.

Wir wurden mit dem Bus zur amerikanischen Ka­serne gebracht und von den dortigen Ärzten unter­sucht. Man gab uns Beruhigungsspritzen und schickte uns schlafen. Trotz der Spritze konnte ich nicht ein­schlafen. Hans war tot! Er hatte sich so sehr auf das Wiedersehen mit seiner Frau ge­freut.

Beim Start unserer Tour hatten wir noch gelacht und er­zählt was wir an dem Wochenende alles unter­nehmen wür­den.

Am nächsten Vormittag erschienen die Polizisten. Ein US-Militäranwalt stand uns zur Seite. Er wies uns an nur unsere Personenangaben zu machen und kei­nerlei Aussagen zu dem Unfall.

In dem folgenden Prozess wurde der Bauer verur­teilt. Der Tod von Hans hat uns noch lange Zeit be­schäftigt.
Erkenntnis: Das Leben hat nicht nur Höhepunkte!

Zurück nach Lagerlechfeld


Im Rahmen des Lehrgangsprogramms nahmen wir an ei­ner Führung auf dem Flugplatz teil. Hinter dem Rollfeld war eine Art Erdbunker. Man wies uns an nur einen kurzen Blick hinein zuwerfen und schnell weiter­zugehen. Dort würden Spezialisten für die Wartung der Radargeräte arbei­ten und die Strahlung könnte ge­fährlich sein. Als ich in den Unterstand schaute, sah ich vier Karten spielende Soldaten an einem Tisch sitzen.

Erkenntnis: Spezialisten sind anscheinend immun gegen Strahlungen!

Jahre später las ich von den Prozessen der erkrank­ten Spezialisten.

Unterbrochen wurde unsere Ausbildung durch ex­treme Hitze. Die Bauern der Umgebung baten die Bun­deswehr um Hilfe bei der Erntearbeit. Wir waren über diese Unterbre­chung sehr erfreut. Auf einem großen Gutshof wurden wir in die Kunst des Aufstellens von Korngarben unterwiesen. Man konnte deutlich sehen, dass der größte Teil von uns aus Großstädten kam. Der Verwalter musste viel Geduld auf­bringen, um uns ein­zuarbeiten.

Dann legten wir los und waren stolz auf unser Werk. Mittags waren Tische vor dem Gutshaus aufge­baut und wir wurden geradezu fürstlich bewirtet. Hät­te nie gedacht, dass Arbeit so hungrig machen konnte.

Bevor es zurück auf die Felder ging, war noch Zeit für ei­ne Zigarette. Wir besichtigten die Ställe und an­deren Ge­bäude. In einem Außenpferch lief eine gewal­tige Sau herum. „Wette einen Heiermann (5 DM), dass Du nicht auf der Sau reiten kannst, Ralf.“ Kaum ausge­sprochen sprang er über das Geländer, schwang sich auf das Tier und lag Sekun­den später im Match. Das kluge Vieh war einfach durch die Öffnung zum Stall gerast.

Frage: Gab es nicht ein Sprichwort mit Reiten auf wilden Säuen?

Eine Woche verbrachten wir auf dem Gut. Wohlge­nährt und braun gebrannt kehrten wir anschließend zurück.

Nach erfolgreichem Abschluss ging es zurück in den Norden.

Mir wurde bewusst, dass der militärische Teil mei­nes neuen Lebens nicht die Erfüllung war. Der Dienst in der Radarstellung gefiel mir zwar, aber das Hacken­schlagen und zackiges Auftreten waren nicht mein Ding.

Dennoch war es unvermeidbar gelegentlich m soldatis­chen Alltagsleben teilzunehmen. Bei einer mehrtä­gigen Ge­ländeübung sollten wir einen waldigen Ab­schnitt bewachen und „feindliche“ Bewegungen mel­den. Wir gruben einen Unterstand am Waldrand und versuchten die Zeit „totzu­schlagen.“ Ein Fasan hatte uns wohl nicht entdeckt und stolzierte vor unserem Versteck auf und ab. Ralf Pritsch­mann kauerte sich vorsichtig auf den Boden unserer derzeiti­gen Unter­kunft. „Was machst Du da? „Wirst Du gleich se­hen.“ Er tauchte auf, richtete sein Gewehr auf den ahnungs­losen Fasan und drückte ab. Das arme Tier „explodierte“ ge­radezu.

Mein Mitkämpfer hatte eine Übungspatrone mit kleinen Steinchen gefüllt!

Erkenntnis: Wähle immer die richtigen Mittel, wenn Du erfol­greich sein willst

An nächsten Morgen wurden wir aufgefordert, alle Beob­achtungen zu protokollieren. Als der Zugführer nach eini­gen Stunden nach Ergebnissen fragte, zeigten wir unsere leeren Notizblöcke. War einfach nichts los gewesen.

„Sie haben den Sinn dieser Aufgabe anscheinend nicht richtig verstanden. Beobachtungen, die Sie für nicht wichtig halten, können für die erfahrenden Aus­werter Basis einer Lagenanalyse sein. Ich erwarte, dass Sie alles notieren, ver­standen?“


Ort, Datum, Uhrzeit
Beobachtung: Kuh überquert Wiese gemächlich von links nach rechts, bleibt gelegentlich stehen und schaut um sich.

Ort, Datum, Uhrzeit
Beobachtung: mehrere Spatzen (genaue Anzahl wegen hekti­scher Flugbewegungen nicht feststellbar) inspizie­ren aufge­regt Kuhfladen.

„Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? „Nein, Herr Leutnant, aber die Auswerter werden schon wis­sen, ob es wichtig ist“

Erkenntnis: Manchmal wird man falsch verstanden


Das Lagerleben während der Übung war gar nicht so übel. Camping in Uniform!

Als wir den Latrinenbalken der Pioniere am Seeufer an­gesägt, und die erschrockenen Schreie der Opfer hörten, fan­den wir sogar Gefallen am Kriegerdasein.

Man lernt nie aus, oder?

Nun begann in Schleswig das „normale“ Soldaten­leben. Nach den Schichten in der Radarstellung war gammeln an­gesagt. Ich bezog ein Doppelzimmer auf dem Dachboden. Die militärische Einrichtung wurde durch wohnlichere Mö­belstücke ausgetauscht.

Eines Nachts war sehr viel Lärm zu hören. Die Pio­niere rückten aus, und auch einige Luftwaffensoldaten waren zu sehen. Auf dem Flur kam mir Stabsunteroffi­zier Danilowski entgegen. Er trug einen Bademantel und einen Kulturbeu­tel.

Auf meine Frage: "Gibt es einen Alarm?", antwortete er lakonisch: "Wenn die uns brauchen, werden sie uns schon holen.“ Wir nahmen an der NATO-Übung nicht teil.

Erkenntnis: Wenn keiner nach dir ruft, wirst du ver­mutlich nicht benötigt!


Entwicklung von Führungsqualitäten

Das sorgenfreie Leben wurde einmal im Monat durch ei­ne Formalausbildung unterbrochen. Ohne die­se unbeliebten Exerzierübungen hätten wir fast ver­drängt, dass wir Solda­ten waren. Bei einer dieser Übungen hatte ich eine Gruppe von Neuzugängen zu leiten. Mir fiel bei dem Befehl "Ge­wehr auf", dass einer immer zu spät reagierte. Ich fragte ihn, ob er das M1-Gewehr nicht aus der Grundausbildung ken­ne? "Doch“ , sagte er, „aber ich habe den Eindruck dieses ist wesentlich schwerer.“ Hier war Führungsstärke angesagt.

Ich ließ die Gruppe wegtreten und ging mit dem "Auf­rührer“ zum Kompaniechef. Nach meiner Schilde­rung des Vorfalls sagte unser Kompaniechef: "Nehmen Sie die Angele­genheit nicht zu schwer. Rekruten versu­chen immer zu provozieren.“ Dann sagte er, ich solle den widerspenstigen Neuling hereinschicken, er wür­de ihn sich zur Brust neh­men.

Nach circa 10 Minuten kam der Rekrut grinsend zu­rück. "Nun was hat der Hauptmann gesagt?“
"Ich solle mich zusammenreißen und dran denken, dass Sie als Zeitsoldat natürlich alles viel strenger se­hen."

Erkenntnis: Management und Personalführung sind nicht immer einfach

Der NATO-Gesangswettbewerb

Als später Teilnehmer für einen NATO-Gesangswettbew­erb gesucht wurden, bewarb ich mich umge­hend. Der Sie­gespreis war eine Woche Sonderurlaub. Die dreißig Kandi­daten wurden vom Routinedienst befreit und trafen sich auf dem Dachboden unserer Unterkunft. Je fünf mussten unse­ren Wettbewerbssong (Swing-Version von „Ick heff mol en Hamborger Veer­master sehn“ ) singen.

Ich wurde aufgefordert, in der nächsten Gruppe noch ein­mal anzutreten. Der Chorleiter konnte mich nicht einord­nen. Das geschah bis zur letzten Gruppe und dann wurde beschlossen, ich solle beim Auftritt in der hinteren Reihe nur passende Mundbewegungen machen, und während der Pro­ben die Notenblätter verteilen. Wahrhaft eine tragende Rolle, oder?

Am großen Tag hörten wir die ersten Wettbewerber an, und schrieben den Sonderurlaub ab. Als wir aufge­rufen wurden, stand ich entgegen der Absprache in der ersten Rei­he. Die einstudierten Mundbewegungen wurden anschei­nend nicht bemerkt. Das Wunder ge­schah, wir wurden zum Sieger ernannt.

Erkenntnis: Wunder gibt es immer wieder und Play­back-Einsatz kann sich lohnen



Meine Eltern wunderten sich nicht mehr als ich mit dem Wäschesack in Bremen ankam. Sie hatten sich an die groß­zügige Urlaubsgewährung der Bundeswehr gewöhnt. Einzi­ge Frage: „Wie lange diesmal?“

Erkenntnis: Eltern sind lernfähig, oder?


Leben im Seefliegerhorst

Nach dem Abschluss eines weiteren Lehrgangs fuhr ich nach Schleswig zurück und erfuhr: Machen sie erst mal Ur­laub. "Aber ich hatte bereits Urlaub, Herr Hauptfeldwebel“ wurde brüsk ignoriert.

Erkenntnis: Mund halten und gehorchen ist in ge­wissen Umfeldern manchmal angebracht!


Unsere Luftwaffeneinheit "bewohnte“ einen Teil der Hee­reskaserne im Seefliegerhorst. Besonders beliebt waren wir bei den "Hausherren“ nicht. Für die "Feld­grauen“ waren wir ein Haufen uniformierter Affen. In der Freizeit war bei uns jedoch Zivil angesagt. Der Dienst in der Radarstellung Brekendorf lief im Schicht­betrieb.

Zur Reduzierung des Verwaltungsaufwandes er­hielten wir Dauerausweise für den Seefliegerhorst und konnten zum Missvergnügen unserer grauen Hausher­ren in unserer Frei­zeit jederzeit die Kaserne verlassen.

Fazit: Modernes Management kann motivieren!

Eines Tages besichtigten wir die DEA-Raffinerie in Hei­de. Nach einer Führung wurde ein Vortrag über die Entste­hung des Erdöls und die Nutzung der daraus gewonnenen Produkte gehalten.

Als der Vortragende fertig war, sagte er höflich: „Gibt es noch Fragen zu dem Thema?“

Die Hand von Benno Thomsen schoss in die Höhe. „Was ist die natürliche Aufgabe des Öls in der Erde?“

Wortlos verließ der DEA-Manager den Raum.

Erkenntnis: Bei Präsentationen nie die Contenance ver­lieren


Immer praktische Lösungswege suchen

Der Anlasser meines VW-Käfers war defekt. Das schränkte natürlich die Mobilität erheblich ein. Als ich das Problem meinen Kameraden schilderte, bot sich unser Genie Ralf Pritschmann an. „Hinten an der Schlei steht seit Mo­naten ein VW-Käfer herum, scheint niemanden zu interes­sieren. Gib mal deine Wagen­schlüssel.“ „Was wollt ihr denn machen? „Frag nicht, lass uns mal machen.“

Am nächsten Tag war mein Wagen wieder fahrbe­reit und stand für Ausflüge bereit.

Einige Wochen später kam Conny Conrads und er­zählte mir er hätte den alten grauen Käfer vom Park­platz günstig erstanden. „Hast Du eine Probefahrt ge­macht?“ „Nein, der Vorbesitzer musste schnell weg“ „Wenn Autos so lange her­umstehen springen sie häu­fig nicht an. Nimm am besten Ralf mit, der hat Ahnung von Autos.“

Irgendwie brachten sie auch diesen Wagen zum Laufen. Gut, wenn man weiß, wo man kompetente Hil­fe findet, oder?

Mark, Mark, Mark …

Spätestens Mitte des Monats ertönte der Ruf: „Bü­cher für eine Mark zu verkaufen.“ Redweykis war in einem Bü­cherclub und erhielt am Monatsanfang im­mer mehrere Bü­cher. Er las sie nicht und verkaufte sie also für einen Spott­preis. „Warum kündigst Du nicht den Bücherclub? „Bin schon so lange drin!“

Erkenntnis: Freie Marktwirtschaft hat manchmal seltsa­me Ausprägungen


Wie man sich bettet, so......

Eines Tages wurden die Wolldecken ausgetauscht. Ich nahm die neue Decke, die Flasche mit Sonnenöl und ging zum Schleiufer. Frisch eingeölt schlief ich in der prallen Son­ne ein. Plötzlich wurde ich durch meh­rere Stimmen wach. „Was ist denn mit Heiner los? Sieht ja fürchterlich aus.“ Si­cherlich waren wieder eini­ge Witzbolde unterwegs. „Geh mal in den Waschraum und schau in den Spiegel.“

Der Blick in den Spiegel war furchterregend. Mein gan­zer Körper war mit spinnennetzartigen Flecken übersät. Ab ins Krankenrevier. Dort gab es viele ratlose Gesichter. Der Arzt fragte nach den Umständen und fand die Lösung: Die neuen Wolldecken waren falsch imprägniert und lösten in Verbindung mit Sonnenöl und Sonnenschein diese Verunzie­rungen aus.
Ich wurde eingesalbt und erhielt drei Tage frei. Herrliche Zeit die neu erworbenen Bücher von Red­weykis zu lesen.

Survival Training für Großstadtkinder

Um uns Bürosoldaten wieder etwas militärischen Schliff beizubringen, wurden wir unter Führung eines Heeresoffi­ziers auf eine einwöchige Übung geschickt. Wir wurden nachts an einem unbekannten Ort abge­setzt und sollten un­entdeckt die Radarstellung errei­chen. Da wir von anderen Einheiten gesucht wurden, konnten wir uns tagsüber nicht bewegen. Getarnt ver­schliefen wir das Tageslicht im Wald oder Schonungen. Zunächst gefiel uns die Gammelei, aber die Stunden dehnten sich unendlich.

Nach Sonnenuntergang machten wir uns auf den Weg Richtung Brekendorf. Unser Offizier hatte uns verlassen, um uns Gelegenheit zu geben den Teamgeist zu trainieren. Wir marschierten also in finsterer Nacht durch die Land­schaft. Möglichst nicht reden, immer im Gänsemarsch tap­perten wir Stunde um Stunde herum. Plötzlich eine flüs­ternde Stimme: „Achtung, ich glaube wir werden verfolgt.“ Unser letzter Mann brachte uns zum abrupten Halt. Ange­spannt lauschten wir. Nichts zu hören. Wir starteten erneut, als wieder diese War­nung geflüstert wurde. Erneutes ange­spanntes Lau­schen. Wieder nichts!

Der nervöse Kerl musste ausgetauscht werden. Ich über­nahm seine Position und weiter ging es. Nach eini­gen Mi­nuten hörte ich ein Geräusch. „Achtung, da ist was.“ Auch diesmal brachte unsere Lauschaktion kei­nen Erfolg. Als nach wenigen Metern erneut ein knackendes Geräusch zu hören war, fasste ich vorsich­tig nach hinten. Ein Kuhhorn wurde erfasst und in wil­der Stampede rasten wir über die Weide.

Die Rindviecher hatten sich sicherlich über unseren Be­such in ihrem Territorium gewundert und sind uns gefolgt. Wenn wir stehen blieben, folgten sie unserem Beispiel. Mir waren diese Viecher immer suspekt. Sie guckten zwar milde, aber das konnte auch Tarnung sein.

Frage: Warum haben die Hörner, wenn sie harmlos sein sollen?

Wir beschlossen, diesen Vorfall niemals zu erwäh­nen. Als wir unentdeckt kurz vor der Radarstation wa­ren, berieten wir über das weitere Vorgehen. Das Übungsziel war zwar das Erreichen der Station in der vorgegebenen Zeit, uns fehl­te aber ein Höhepunkt. Wir hatten noch die ganze Nacht zur Verfügung. Dichte Wolken verdunkelten den Mond. Der Zaun würde si­cherlich überwacht werden. Was nun?

Ralf schlich sich langsam in Richtung Zaun. Plötz­lich kam er zurück und flüsterte: „50 Meter vor dem Zaun bin ich auf eine kleine Erhebung gestoßen. Sie sah künstlich aus, daher habe ich mit meinem Messer etwas gegraben und stieß auf einen Kanaldeckel. Wir sollten den genauer untersu­chen.“

Nachdem wir den Deckel behutsam freigelegt hat­ten, stellten wir fest, dass ein trockener Tunnel Rich­tung Radar­stellung führte. Ralf untersuchte den Tun­nel und kam nach einigen Minuten zurück. „Nach mei­ner Schätzung endet der Tunnel hinter der Umzäu­nung. Ich habe dort einen wei­teren Deckel gefunden.

„Lässt der sich öffnen?“ „Habe ich versucht, mit verein­ten Kräften müssten wir es schaffen“

Wir schafften es, und die Überraschung war perfekt, als wir lautlos die Wache betraten und die gesamte Mannschaft „verhafteten.“

Unser „Sieg“ wurde ausgiebig gefeiert.

Erst eine Pfeife macht einen richtigen Mann, oder?

Bei den Fahrten zur Radarstation beobachtete ich ein be­sonderes Ritual. Kaum schloss die Bustür wur­den Pfeifen angezündet. Ein herrlicher Duft! Ich hatte noch nie Pfeife geraucht und nahm mir vor, beim nächsten Bummel in Schleswig mir eine zu zulegen.

Auf in den nächsten Tabakladen. „Ich möchte gerne eine Pfeife, Tabak und ein Paket Pfeifenreiniger.“ „Su­chen Sie et­was Bestimmtes?“ Er musste wohl bemerkt haben: „Ein An­fänger!!!!“ „Ich habe hier etwas Beson­deres.“ Er zeigte eine Pfeife mit einem geschnitzten In­dianerkopf. „Die nehme ich.“

Am nächsten Morgen saß ich auf meinem Stamm­platz im Bus. Letzte Reihe. Die Tür schloss, Pfeifen wurden angezün­det. Nun aber schnell. Ich öffnete das Tabakpaket. Ziemlich holzig das Zeug. Egal, rein damit und anzünden. Nach dem ersten Zug drehten sich die Pfeifenraucher der ersten Reihen um und schrien: „So­fort ausmachen, das stinkt widerlich!“

Als sie meine Pfeife sahen, johlte die ganze Mann­schaft. Ein Indianerkopf! „Hat der Verkäufer nicht ge­lacht beim Kauf?“

Erkenntnis: Es gibt Tage, die sind nicht zu ertragen

Dienst und Freizeit

Der Dienst in der Radarstellung war recht ange­nehm. Wir kontrollierten den zugewiesenen Luftraum und hörten den Funkverkehr ab. Die Jägerleitoffiziere praktizierten mit den Piloten Abfangmanöver. Wenn wir ein unbekanntes Ziel fanden, reichte ein Anruf bei einer Abhörstation. Dann er­hielten wir Meldungen wie z. B.: "Das ist Major J. von der NVA auf einem Werkstattflug von A nach B".

Das Objekt wurde entsprechend gekennzeichnet und auf einer großen Plastiktafel mit farbigen Stiften markiert.

Erkenntnis: Kontrolle ist wichtig und ab-, mit- und zu­hören gelegentlich nützlich! Und Farbe ist gut für Präsenta­tionen!

Die Arbeit an den Konsolen war angenehm. Der Raum war klimatisiert und besonders nachts war we­nig zu tun. Es gab einen freiwilligen Küchendienst, da das Küchenpersonal um 17.00 Uhr Feierabend hatte. Besonders ein Erlebnis sorgte für Heiterkeit.

Ralf hatte nachts die Küche übernommen. Er kam in den Kontrollraum und erzählte feixend: „Hatte einen Anruf von Leutnant Hinterfeld, der arrogante Schnösel hat Bratkartof­feln mit Speck bestellt. Da wir keinen Speck vorrätig hatten, konnte ich nicht liefern. Da hat er gesagt, er wolle keine Diskussionen. Die Bestellung sei ein Befehl.

„Da bin ich raus und habe ein paar Regenwürmer ausge­graben und verarbeitet. Als ich den Teller ablie­ferte, sagte der Kerl: Geht doch.“

Wir jubelten.

Die Zeit zwischen den einzelnen Schichten wurde mit Pokerspielen, Nickerchen oder Lesen verbracht. Ich vermied es, in den Schlafräumen zu schlafen. Wer ein­mal den mar­kanten Duft von Socken und die Kakofo­nie der Schnarcher erlebt hat, kann es sicherlich nach­vollziehen. Schnell lernte ich, mir einen Tisch in einer ruhigen Ecke auszusuchen. Man konnte herrlich auf dem Fußboden schlafen. Im Som­mer dagegen schlief ich oft draußen. Man musste sich nur abmelden.

Unser Maskottchen „Bugle“

Auf der Busfahrt zur Radarstellung fanden wir ei­nes Ta­ges einen an einen Baum angeleinten Hund. Kurzerhand wurde entschlossen, ihn als Maskottchen mitzunehmen. So kam "Bugle“ zu einem wahren Hau­fen neuer Herrchen. Es war eine herrliche Zeit für uns, und unser Ziehkind sorgte für Abwechslung. Meterlange Gänge wurden von ihm gegraben. Kaninchen müssen gejagt werden, oder?

Häufig kamen nun Durchsagen, wie: „Team mit Schau­feln benötigt. Bugle steckt fest.“ Im Laufe der Zeit glich un­ser Hügel einem Testgelände für Maul­würfe.

Es scheint doch Engel zu geben

Ich wollte mir meinem Käfer über das Wochenende nach Bremen. Freitag nach Dienstschluss packte ich die schmutzi­ge Wäsche ins Auto. Mutti würde sich sicher­lich freuen. Damals gab es noch keine Autobahn bis Schleswig. Also das Faltverdeck öffnen, Motor starten und die Reise beginnen.

Nach einer Stunde auf der Bundesstraße wurde ich von einer rassigen Blondine in einem Mercedes über­holt. Sie hat gelächelt und mir zu gewunken. Na warte, Mädel! Ein Griff zum Faltverdeck und ein kräftiger Tritt aufs Gas.

Eine herrliche Musik ertönte und die Welt zeigte sich in wunderbaren Farben. Ich saß entspannt auf dem Fahrersitz und beobachtete mich von oben. Die Bauernfamilie, auf de­ren Hof mein Wagen kopfüber lag, erzählte mir: „Sie kamen um die Kurve geflogen, krabbelten aus dem Auto und gin­gen lächelnd in Fahrtrichtung weiter.“

Ich wurde mit Kaffee und Kuchen bewirtet und die Bau­ernsöhne stellten meinen Käfer wieder auf die Rä­der. Er sah viel flacher aus und die Kotflügel waren verbeult.

„Wir glauben den kriegen wir wieder hin, müssen nur die Frontscheibe einsetzen, den hinteren linken Reifen aus­tauschen, die Kotflügel etwas ausbeulen und die Batterie prüfen.“ Ganz versonnen vernahm ich die­se Worte und ver­stand die Welt nicht mehr. Diese wun­derbare Musik, die tol­len Farben, der Blick auf den Un­fallort von oben. Alles nur geträumt?

Ein Polizeiwagen erschien. Den Beamten war auf den ersten Blick alles klar: Bundeswehr, Wochenende und ein Raser. Der Bauer sagte: „Nee, gerast ist er nicht, er kam ganz langsam um die Kurve.“

Ein Protokoll wurde aufgenommen und die Polizis­ten entfernten sich mit den Worten: „Sie hören von uns.“

Die Söhne waren inzwischen mit den Reparaturen fertig. Der Wagen sprang auf Anhieb an. Es gab nur ei­nige, kleine Probleme. Die Blinker funktionierten nicht und die Fahrer­tür musste mit dem Ellenbogen festge­halten werden. Ich ent­schloss mich dennoch, den Rest der Fahrt fortzusetzen. Nach einigen Kilometern hatte ich mich an die neue Fahrttechnik gewöhnt. Ellenbo­gen fest anpressen und mit den Fingern die gewünsch­ten Richtungsänderungen kommunizieren.

Auf der Autobahn nach Bremen brachen mehrere Fahrer ihre Überholmanöver abrupt ab und beäugten neugierig das merkwürdige Gefährt.

Mein Vater lies den Wagen von einem befreundeten Au­tohändler abholen. Der Junge hatte überlebt, das war die Hauptsache. Abends ging ich auf eine Party und erzählte von meinem Abenteuer. Sie erzählten mir später, ich hätte lachend auf meinem Stuhl gesessen, plötzlich sei mir das Glas aus der Hand gefallen und ich vom Stuhl gerutscht.

Erkenntnis: Manchmal begreift man einfach später!

Anmerkung: Die Reparaturkosten wurden später vom Land Schleswig-Holstein erstattet. Ein Gutachter hat tes­tiert, dass die Verkehrsschilder zugewachsen und daher nicht lesbar waren. Außerdem war ein Me­tallbegrenzer defekt und hatte meinen Reifen aufge­schlitzt.

Die Schneekatastrophe in Schles­wig-Holstein

1961 wurden wir von der Schneekatastrophe in un­serer Radarstellung regelrecht von der Außenwelt ab­geschnitten. Hungersnot war nicht zu befürchten, da stets genügend Le­bensmittel für unsere Versorgung vorhanden waren. Da Ab­lösungen nicht zu uns durch­dringen konnten, modifizierten wir unsere Dienstplä­ne.

Unsere Vorgänger der britischen Luftwaffe hatten einen Schneepflug hinterlassen. Unser Motorenspezia­list Ralf Pritschmann untersuchte das Vehikel und stellte fest, man kann ihn nutzen. Wir zogen uns arktis­gerecht an und verlie­ßen unseren Hügel. Ralf saß im geschützten Fahrerhaus und ich sollte den Pflug mit ei­nem Handrad steuern. Wir wollten zunächst zu einem Bauernhof, der unterhalb unseres Hügels lag. Die Na­vigation gestaltete sich äußerst schwierig. Keine Orien­tierungspunkte halfen uns.

Nach der folgenden Tauperiode konnte man unser Werk später nachvollziehen. Überall zerstörte Knicks (Wallhecken).

Wir erreichten unser Ziel und die Bauernfamilie fei­erte unsere Ankunft mit einem opulenten Frühstück. Sie zeigten uns dann den Weg zum nächsten Hof. Dort würden ihre Verwandten leben und sich sicherlich freuen, wenn es eine Verbindung zu ihnen geben wür­de. Wir wurden mit Diesel versorgt, da unser Gefährt durstiger war als vermutet. Auch diese Aufgabe wurde prompt erledigt und mit einem opulen­ten Mittagses­sen belohnt. Nun mussten wir zurück. Ich brauchte Stunden, um wieder aufzutauen.

Nach unserer Heldentat mussten wir mit unserem Bus einmal wöchentlich am Bauernhof halten. Am Straßenrand lagen milde Gaben (Mettwürste, Kartof­feln, Eier, Obst, Ku­chen etc.) bereit.

Erkenntnis: Tue Gutes......

Der Mauerbau

Ein besonderer Tag bzw. Nacht: Am 13.08.1961 wur­den wir durch eine Lautsprecherdurchsage aufgefor­dert, uns vor das Hauptgebäude der Station zu bege­ben. Scheinwerfer wa­ren aufgebaut, ein Major stand bedeutungsvoll und ernst blickend auf einer Obstkiste. "Krieg? Oder?"

Als alle versammelt waren, verkündete der Major mit knorriger Stimme: "Die im Osten haben begonnen, eine Mauer in Berlin zu bauen. Es ist eine ernste Situa­tion, aber wir sind wachsam."

Er fing an, auf der Obstkiste zu wippen und fuhr fort: "Wir müssen uns auf die Herausforderung einstel­len. Wir sind das Auge ..."

Während er sich geradezu in Ekstase redete, begann die Obstkiste sich in ihre Bestandsteile aufzulösen und verwirrt stand er auf dem Boden. Nie werde ich unser Gelächter ver­gessen.

Erkenntnis:

1. Beim Reden nicht wippen

2. Ruhe bewahren, wenn der Untergrund nicht ge­eignet ist!

Trotz der Aufregung und der erhöhten Wachsam­keit än­derte sich an unseren Aufgaben nichts.

Eine tierische Freundschaft

Als Raucher nutzte ich oft die Gelegenheit, in freier Zeit draußen auf dem Gelände eine Fluppe zu verkon­sumieren. In der Nähe der Eingangswache waren die Käfige der Wach­hunde. Ein einem der Gehege war ein großer schwarzer Schäferhund. Als ich mich näherte, hat er fast das Gitter durchbissen. Ich setzte mich unter einen Baum, zündete eine Zigarette an und ignorierte den Berserker. Ohne ihn anzu­schauen, sagte ich mit leiser Stimme: „Hallo Schwarzer, ich will nur eine Pau­se machen“



Er tobte weiter in seinem Käfig. Nun ging ich täg­lich zu diesem Ort und er wurde zusehend ruhiger. Geknurrt wurde zwar weiterhin, aber er schien sich an meine Anwesenheit zu gewöhnen.



Ich fragte in der Wache, was mit dem Hund sei. Sein Hundeführer war längere Zeit krank und offensichtlich der Einzige, der mit dem Tier umgehen konnte.



Nach einiger Zeit änderte sich das Verhalten des Schwar­zen. Ich konnte jetzt sogar an den Zwinger herantreten. Aufmerksam lauschte er meinen Worten, lies sich sogar durch den Maschendrahtzaun kraulen. Eine Freund­schaft schien sich anzubahnen.




Eines Tages ertönte der Lautsprecher: „Achtung, bitte so­fort in die Gebäude gehen. Ein gefährlicher Wachhund ist ausgebrochen.“



Ich war gerade auf dem Weg zu meinem neuen Freund. Plötzlich stand er vor mir, schaute mich an und setzte sich hin. „Hallo Schwarzer, was machst Du den für Sa­chen, komm mit.“

Mit etwas mulmigem Gefühl ging ich leise redend in Richtung Zwinger. Er folgte mir sogar in das Gehege. „Brav Schwarzer.“

Ich kraule ihn und ging langsam zur Tür. Ich schloss die Tür und ging zur Wache. Man hatte mich dort beobach­tet und staunte über meine Aktion. Beim Austausch des Futters wurde die Tür nicht richtig geschlossen und nach dem Ausbruch wagten sich die Wachleute nicht mehr raus. Helden!

Ich unternahm nun täglich mit meinem neuen Partner Rundgänge im Gelände. Man hatte darauf bestanden, dass Maulkorb und Leine genutzt wurden. Das störte uns Partner jedoch nicht.

Erkenntnis:
 Was ist schon ein Pferdeflüsterer gegen einen Hunde­flüsterer?

Was war los in der Welt 1961

  • Konrad Adenauer ist immer noch Bundeskanzler

  • John F. Kennedy wird 1961 Präsident der USA

  • 15. Juni 1961 Walter Ulbricht verkündet: „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen”

  • Im August 1961 beginnt der Bau der Berliner Mauer

  • Der Film „Frühstück bei Tiffany“ mit Audrey Hep­burn wird gedreht

  • Die erste Folge der „Miss Marple” Filme wird ge­zeigt

  • Die Plattenfirma Decca lehnt Aufnahmen mit den Bea­tles wegen schlechter Musikqualität ab

  • und vieles mehr

Eine Aufgabe mit viel Verantwortung

Eines Tages wurde ich zum Kompaniechef gerufen. Er er­klärte mir, dass ich mit sofortiger Wirkung zum Vertrauens­mann bestimmt sei.
Ich: "Aber Herr Hauptmann, da muss doch sicher­lich vorher eine Wahl erfolgen.“ Dazu sei keine Zeit, er müsse die Ernennung nach "Oben“ melden und ich würde das "Amt“ schon meistern.

Die Neuigkeit wurde am "Schwarzen Brett“ ausge­hängt. Ich konnte nicht ahnen, was auf mich in der nächsten Zeit erwartete. Wesentlich ältere Soldaten sa­ßen vor mir und er­zählten z. B. weinend: "Ich glaube, meine Frau hat einen an­deren.“ Meine ganze Lebenser­fahrung machte mich zum op­timalen Ratgeber. Als Jüngster kannte man eben das Leben.

Meine pragmatische Lösung: "Herr Hauptmann, Gefrei­ter X. hat Eheprobleme. Wir sollten ihn für drei Tage heim­schicken, um die Probleme möglichst zu lö­sen.“ Diese Aktio­nen sorgten für eine außerordentliche Beliebtheit und sicher­ten die 100-prozentige Wieder­wahl.

Erkenntnis:
Stell dich deinen Aufgaben und genieße die Vortei­le!

Dallas, Attentat auf JFK

Am 22. November 1963 wurden wir nach der Rück­kehr von der Radarstation in den Fernsehraum ge­führt. Es lief gerade die TV-Übertragung des Attentats auf John F. Ken­nedy in Dallas.

Ich hatte bisher in meinem Leben nicht geweint (Va­ters Mahnung: Jungen weinen nicht), aber mir liefen die Tränen unkontrollierbar. Kennedy war ein Idol und Hoffnungsträ­ger für die meisten von uns. An diesem Tag wurde pausen­los diskutiert und die nächsten Tage waren ungewöhnlich ruhig. Kein Lachen oder die übli­che Unbeschwertheit!

Was habe ich beim "Bund“ ge­lernt:


  • Teamwork
  • Einschätzung von eigenen Stärken und Schwächen
  • Vertrauen in die Fähigkeiten eines Teams bzw. Gruppe
  • Menschenkenntnis
  • Der erste Eindruck ist oft nicht objektiv
  • Schwächen können gezielt abgebaut werden
  • Beurteilung der Körpersprache
  • Bewertung organisatorischer Abläufe
  • Erkennung von Prozessen
  • Erkennung und Beurteilung von Schwachstellen
  • Durchsetzungsvermögen
  • Nicht im "Rudel“ verstecken
  • Klare Anweisungen (in einer Beurteilung stand ein­mal: "Er kommt leicht durcheinander, wenn er wider­sprüchliche Befehle gibt")
  • Betten bauen (wichtig für Urlaubsscheine und das späte­re Leben).

Die Flutkatastrophe 1962

Mitten in der Nacht wurden wir geweckt und erfuh­ren, dass die Sturmflut unseren Einsatz forderte. Wir wurden auf Lkws verfrachtet und zur Nordsee­küste befördert. In ei­ner großen Tannenschonung wur­de uns befohlen, Faschinen für die Deichbefestigungen herzustellen. Ohne die anwesen­den Pioniere wäre die Aktion sicherlich gescheitert. Motorsä­gen gehörten einfach nicht zu unserem Erfahrungshorizont. Schein­werfer wurden aufgebaut und Tanne für Tanne ge­fällt.

Unsere Teams teilten sich die Arbeit: Einer sägt, ei­ner trägt die Tanne zur Seite, zwei binden die Faschi­nen, einer trägt sie zum wartenden LKW. Jegliches Zeitgefühl ging verloren. Gegen Morgen kam die frohe Kunde: Bald wird Frühstück angeliefert. Wir nahmen unser Essgeschirr und gingen zur Lichtung. Erbsen­suppe aus der Gulaschkanone? Mit Würstchen?

Ein LKW erschien und die Besatzung baute einen langen Tisch auf. Dann stellten sie Körbe mit Weißbrot­scheiben und Marmelade auf den Tisch. Weißbrote und Marmelade? Dre­hen die hier für Vorsicht Kamera? Als Höhepunkt wurde ei­ne Zinkwanne mit kleinen Buttersternen hinzugefügt. Leute es ist Februar! Wo blieben Wurst und Käse?

Erkenntnis:
Verwaltung ist oft nicht logisch und Hunger macht häu­fig wütend!

Etwas abseits war ein Bauernhof. Wir gingen zu dritt hin und fragten den Bauern, ob wir etwas Essba­res kriegen könnten. Antwort des stolzen Landwirtes: Wir haben Äpfel. Egal, Hauptsache kein Weißbrot! Als er uns erklärte: die Äp­fel kosten pro Stück eine DM, hätte ich ihn am liebsten mit dem Klappspaten erschla­gen. Wir sorgten dafür, dass er mit seiner Familie nicht untergeht und dann das!

Wir waren 7 Tage im Einsatz. Kaum Schlaf. Ich fing an, von Weihnachtsfesten ohne Tannenbäume zu träu­men.

In der dritten Nacht waren wir total erschöpft. Alle Handgriffe wurden rein mechanisch erledigt. „Wie sieht es aus mit einer Pause, Jungs?“ Es folgte ein typi­scher Pritsch-Mann: Er nahm eine Axt, durchtrennte das Hauptkabel am Generator und alle Scheinwerfer erloschen. Sekunden später lagen wir alle im wohlver­dienten Tiefschlaf.

Nach Beendigung der Aktion kehrten wir nach Schleswig zurück. Duschen, Ausschlafen und Neuig­keiten über die Sturmflut bestimmten den Tagesablauf. Etwas später liefen viele Stabsleute, Schreibstuben­hengste und der Kompanie­feldwebel mit einem Flutor­den herum. Das waren sicherlich Auszeichnungen für die heroisch geplanten Frühstücksliefe­rungen!

Kurz danach sollten die "Tannenkiller“ auch mit diesen Or­den ausgezeichnet werden. Ich lehnte dankend ab, wurde aber mittels eindeutiger Befehle zur Annahme gezwungen.

Es gab vom Bundespräsidenten sogar eine Urkunde und eine Belehrung, zu welchen Anlässen man diesen Orden tra­gen dürfe. Da ich die meiste Zeit Jeans trug, hätte ich also kaum Gelegenheit Orden zu tragen.

Eine ziemlich missglückte Urlaubspla­nung

Ich hatte noch sechs Urlaubswochen offen und nicht ge­nügend Geld für eine derart lange Reise. Da fiel mir der Ver­bindungsoffizier der US Air Force in Ramstein ein (s. auch „Swing im Hotel Skandia“ ). Wäre doch eine nette Idee mal das Leben auf einem US-Stütz­punkt kennenzulernen. Ge­sagt, getan ein kurzer Brief mit meinem Anliegen nahm den Weg nach Ramstein.

Ich wartete vergeblich auf eine Antwort, wurde aber dringend zu unserem Kompaniechef gerufen. "Was fällt Ih­nen ein. Die Amerikaner haben eine Sicherheits­überprüfung beim Verteidigungsministerium bean­tragt. Wie kann man nur auf so eine blöde Idee kom­men? Das wird Konsequenzen haben!"

Da war ich in ein Fettnäpfchen getreten. Was nun? Ich setzte ein Entschuldigungsschreiben auf. Als Grund für meinen Rückzug gab ich an, dass man bei der Bundeswehr anscheinend Kontakte mit anderen NATO-Nationen nicht gerne sehe und ich daher mit er­heblichen Schwierigkeiten rechnen müsse.

Das brachte das Fass zum überlaufen. Die Amerika­ner schickten nun eine förmliche Einladung. Ich be­dankte mich, lehnte aber mit Verweis auf einen mögli­chen Karriereknick höflich ab.

Nun wurde mir befohlen, den Urlaub anzutreten. Inzwi­schen war eifriger Schriftverkehr auf höchster Ebene erfolgt und man wollte die Angelegenheit um­gehend abschließen.

Ich weigerte mich.

Erkenntnis:

Manchmal konnte ich richtig bockig sein!

Von weiteren Versuchen dieser Art nahm ich Ab­stand. Ärger kostete zu viel Energie.

Soweit die Füße tragen........

Laufen fürs Vaterland


Jährlich fand ein 4-Tagesmarsch in Nimjwegen/Hol­land statt. Ich meldete mich voller Begeisterung an. Das Luftwaf­fenteam bestand aus 12 Mann und einigen Ersatzleuten. Zur Vorbereitung marschierten wir von Schleswig nach Bar­me/Niedersachsen. Es waren gut 280 Kilometer, und wir schafften die Strecke in 7 Ta­gen. Eine gute Vorbereitung für die Füße und erste Ausfälle waren schon zu verzeichnen.

In Verden sollten wir von Pionieren mit Sturmboo­ten über die Aller transportiert werden. Sah wie eine ganz nor­male Aktion aus, aber wurde doch zu einem echten Härte­test. An der verabredeten Stelle konnten wir die Sturmboote mit unseren Fuhrleuten am Ufer sehen. Zwischen uns lag eine eingezäunte Weide voller Rinder. Diese blöden Viecher nutzen unsere Überque­rungsversuche für wilde Stampeden.

 In kleinen Gruppen bemühten wir uns, den Angrif­fen zu entgehen. Selbst mit Rucksack hätte ich die Qualifizierung für die olympische Norm im Sprint noch unterschritten. Die Bemerkung eines Teammit­gliedes: "Die spielen nur“ war sehr sarkastisch. Kopf­über fiel ich ins rettende Boot.

Erkenntnis:

Traue keinem spielenden Tier, wenn es größer ist als DU!

In Barme angekommen begann die Vorbereitung auf den großen Marsch. Vor dem Frühstück fünf Kilome­ter Intervall­training. Nach dem Frühstück barfuß Fuß­ball auf einem Schlackeplatz und viel Gymnastik. Un­sere Füße wurden na­hezu unempfindlich gegen jegli­che Art von Schmerzen.

Nach dem Mittagessen war eine 1-stündige Bettru­he an­geordnet. Danach begannen die Märsche. Am ers­ten Tag fünf Kilometer. Am zweiten Tag zehn Kilome­ter, und so wei­ter. Täglich wurden wir von Ärzten un­tersucht. Es war un­glaublich, wie fit man ohne Zigaret­ten und „Bierchen“ in kurzer Zeit werden konnte.

So vorbereitet starteten wir Richtung Nimjwegen. An der holländischen Grenze wurden wir von nieder­ländischer Militärpolizei auf Motorrädern zu unserer Unterkunft es­kortiert. Wir bezogen eine Schule. In eini­gen Klassenzim­mern lagen Matratzen für uns bereit.

Nach einer kurzen Besprechung hatten wir frei und be­schlossen, die Stadt zu erkunden. Man hatte uns ge­raten, in der Freizeit nur in Zivilkleidung aufzutreten. Es gäbe bei der Bevölkerung Animositäten wegen der NS-Zeit. Nach ei­nem kurzen Stadtbummel betraten wir eine Gaststätte. Zur Vorbereitung der körperlichen Strapazen mussten unbedingt einige Biere dienen.

Die Gäste waren mehrere alte Männer und einer fragte, wo wir herkämen.

Als wir erwiderten: „Aus Deutschland“ , fragten sie uns: "Warum tragt ihr keine Uniformen wie alle am Marsch teil­nehmenden Soldaten?"

Wir wiesen auf die Anweisung zur Zivilkleidung hin. "So ein Unsinn! Geht sofort zu eurer Unterkunft und kommt in Uniformen zurück! Wir mögen zwar eure Väter und Großväter nicht, aber ihr seid Gäste."

Verwirrt folgten wir der Aufforderung und wurden mit einer holländischen Geheimwaffe namens "Jonge Genever“ nahezu "kampfunfähig“ gemacht.

Zurück in der Schule wurde uns erzählt eine andere Na­tion hätte sich inzwischen einquartiert. Es war un­glaublich. Eine israelische Militärgruppe war ange­kommen. Es waren verdammt gut aussehende Solda­tinnen. Die Holländer hat­ten schon einen seltsamen Humor. Deutschland und Israel zusammenlegen, musste den Gastgebern bei der Planung ge­radezu Glückshormone beschert haben. Wir mussten sie al­lerdings enttäuschen. Hier trafen sich nur junge Leute, die gemeinsam einige Tage bei diesem Volksfest ver­bringen woll­ten.

Am nächsten Tag war die Eröffnung der Veranstal­tung im örtlichen Stadion. Wir sollten einmarschieren und beglei­tet von den diversen Militär-Bands eine Runde absolvieren. Vor uns waren die israelischen Sol­datinnen. Gekleidet in schmucken Kakiuniformen wa­ren sie angetreten. Unsere ers­ten Reihen waren bei die­sem Anblick geradezu paralysiert. Als die Sabres loszo­gen, Tamburins auf die wohlgeformten Schenkel schlu­gen und "Hava nagila ve nismechah“ an­stimmten, wurden wir fast ohnmächtig. Wie benommen folgten wir den anmutigen Göttinnen und taumelten ins Stadi­um. In der Mitte der Arena standen die Bands.

Die Amerikaner sollten für uns spielen und hatten die perfide Idee "Tanze mit mir in den Morgen“ anzu­stimmen. Diese unselige Verbindung: Die grazilen Girls und die un­mögliche Marschmusik brachten uns total aus dem Schritt. Das ganze Stadion lachte und wir trugen unfreiwillig dazu bei, den Begriff "Deutsch­land und Militarismus“ sanft zu korrigieren.

Durch unsere gute Vorbereitung waren die tägli­chen 50 Kilometer keine wahre Belastung. Deutschland war mit vier Teams angetreten: Heer, Fallschirmjäger, Marine und Luft­waffe. Für ein Unterhaltungspro­gramm war auch gesorgt worden. Die Bevölkerung servierte Getränke, Obst und so­gar Kuchen. In den Ortschaften spielten häufig Musikkapel­len.

Zwangspausen zur Überprüfung unseres Zustandes mussten eingehalten werden. Ich hasste die Einnahme der Salztabletten, wohl wissend, wie wichtig sie waren. Noch schlimmer war die Zeremonie nach der Rück­kehr in unsere Unterkunft. Sanitäter liefen mit Salben­tuben herum und rieben uns zur Vermeidung von Muskelkatern mit dem Zeugs ein. Es brannte wie Höl­lenfeuer. Nach der ersten Be­handlung weigerte ich mich gegen diese Tortur. Lieber Mus­kelkater als diese Qual!

Nach erfolgreichem Abschluss erhielten wir jeweils eine Urkunde und einen Orden. Bei der Ordensverlei­hung ver­stand ich mangels holländischer Sprachkennt­nisse, dass es sich dabei um etwas wie "de leichtmefö­digte cross for leich­mefäödige...“ handeln sollte.

Erkenntnis:

Sprachen müsste man können!

Es war ein großes Erlebnis. Das Treffen mit so vielen Na­tionen, die Begeisterung der Zuschauer und die Gastfreund­schaft der Bevölkerung bleiben immer in Erinnerung.

Zurück in Schleswig

Die täglichen Aufgaben sorgten dafür, dass die Eu­phorie schnell von der Wirklichkeit eingeholt wurde. Es gab Neuig­keiten während unserer Abwesenheit. Die Codes für Wetter­bedingungen wurden zur Verwir­rung potenzieller Feinde geändert. Schwarz = 7/10 Be­wölkung wurde durch Blau er­setzt usw.

Da hatte der Warschauer Pakt sicherlich schwer dran zu kauen!

Als Revision-Teams für die Bestandsaufnahme des Equipments gesucht wurden, war ich sofort dabei. Im­mer Einsatz zeigen, oder?

Ich erhielt eine kurze Einweisung und machte mich mit dicken Listen auf den Weg zum Fliegerhorst Hu­sum. Der Empfang war nicht gerade herzlich. Ich ließ mir die einzel­nen Lagerorte zeigen und begann mit der Überprüfung. In einer großen Wartungshalle fiel mir eine eiserne Tür auf. „Was befindet sich hinter dieser Tür? „Wir haben uns dort einen Pausenraum eingerichtet.“ Die Antwort machte mich neugierig. Deutlich war zu merken, dass man vermeiden wollte mich in den Raum zu lassen. Was sollte schon Ge­heimnisvolles in einem Pausenraum sein?

Unbeeindruckt öffnete ich die Tür. Tatsächlich eine Art Pausenraum: Kaffeemaschine, Tassen und Kekse auf dem Tisch. An der Wand stand ein Eisenregal mit Ersatzteilen. Bei der Prüfung fiel mein Auge auf zwei in Ölpapier gewi­ckelte Gegenstände. Sie waren nicht gekennzeichnet. Alarm! „Was ist das?“ „Das sind unse­re Ersatzmagnetrons für das Anflugradar.“ Ich schaute auf meine Listen und fand dort nur ein Magnetron. Verlegen sagte der zuständige Leutnant: „Die haben uns versehentlich zwei geliefert.“
Das kam mir bekannt vor. Unsere Segelboote waren ein Beweis für die merkwürdigen Aktionen des Beschaffungsamt­es. Was hatte unser Chef damals gesagt: „Nie reklamie­ren, das mögen DIE nicht. Laut Stellen­beschreibung sind sie unfehlbar.“

Ich notierte das Vorhandensein eines Ersatzmagne­trons und die Welt war wieder in Ordnung!

Erkenntnis:

Wecke keine Bürokraten und genieße Dein Leben!

Der Jazzkeller in Schloss Gottorf




Eines Tages unterhielten wir uns über das magere Unter­haltungsangebot in Schleswig. Außer Kino und einigen Kneipen war echt nicht viel los. Uns fehlte so etwas wie ein Jazzkeller. Als wir mögliche Lokationen diskutierten, fiel die erste Wahl auf Schloss Gottorf.



Wir verabredeten uns mit dem Schlossverwalter. Das Treffen fand in einem Erkerzimmer des Schlosses statt. Nachdem wir unsere Idee vorgestellt hatten, führte uns der Verwalter in ein Kellergewölbe.



Ein absoluter Traum! Irre Akustik, viel Platz und ein Zugang von den Parkplätzen. Er bot uns diese Räumlichkeit­en zur kostenlosen Nutzung an, stellte aber ei­nige Be­dingungen: kein Alkoholausschank, Rauchver­bot, absolute Sauberkeit und Gewährleistung der Si­cherheit.



Nun begann eine hektische Zeit: Aufgaben und Zuständ­igkeiten mussten festgelegt werden. Die Ausstat­tung des Kellergewölbes war noch eine einfache Auf­gabe. Der Verwal­ter hat uns 100 Klappstühle zur Ver­fügung gestellt. Schwie­riger war das Marketing. Plaka­te mussten entworfen, er­stellt und verteilt werden. Ohne Gäste wäre der Keller nicht gerade ein Erfolg.



Conny Conrads übernahm die Kontakte zu diversen Bands. Horst Babor wurde zum Finanzchef ernannt und entwickelte unseren Geschäftsplan. Der Eintritt sollte die Kosten für die Bands und der Verkauf der Getränke unsere übrigen Ausgaben decken. Ein örtli­cher Getränkelieferant fand unsere Idee großartig und als Jazzliebhaber machte er uns einen fairen Preis. Nach einigen Wochen hatten wir eine Band und die Eröffnung durch Plakate angekündigt. Die Plakate wurden bei Wochenendfahrten in ganz Schles­wig-Holstein und sogar Hamburg verteilt.



Der große Tag kam und wir waren vom Ansturm der Gäste überwältigt. Ausverkauftes Haus!



Die Wochenenden in unserem Jazz-Club zogen zu unse­rer Überraschung sogar Gäste aus Dänemark und Hamburg an. Als wir in Zeitungen erwähnt wurden, mussten wir weitere Kameraden unserer Einheit zum Mitmachen moti­vieren. Allein war der Betrieb nicht mehr zu schaffen.


Swing im Hotel Skandia




Der Erfolg des Jazzkellers brachte uns auf die Idee, weite­re Musikevents zu planen. Sonntags gingen wir gerne in das Hotel Skandia. Hier gab es ein besonders gutes Anret­ning



Der Hotelbesitzer war vom Jazz begeistert und er sei auch ein Fan von Swing und Big Bands. Wir kann­ten den großen Saal im Skandia, der für große Feiern genutzt wurde. Warum nicht einen Abend mit einer Big Band? Der Hotelier war begeistert und sagte wir könnten den Saal kostenlos nutzen. Ihm würde der Ga­stronomieumsatz reichen.



Es klang sehr gut, aber woher sollten wir eine Big Band nehmen und was würde es kosten?



Conny erzählte, er hätte einmal die US-Air-Force Band erlebt. Sie hätten ihn mit ihrem Swing total be­geistert. Sie waren in Ramstein stationiert und gaben weltweit Konzerte. Warum nicht Kontakt aufnehmen? Gesagt, getan und zu unserer Überraschung war der zuständige Offizier nicht ab­geneigt. Kosten würden für Band und Transport nicht anfal­len.



Wir schickten ihm unser Konzept und mögliche Ter­mine zu. Ein Termin wurde festgelegt und wir starte­ten unser Marketing. Eine Druckerei übernahm als Sponsor die Plaka­te. Sie wurden überall verteilt und die Bühne im Saal leicht modifiziert.



Unser Verbindungsoffizier in Ramstein sandte uns die An- und Abreiseinformationen. Die Band würde mit ihrem Transporter in Jagel landen und mit Bundes­wehr-Bussen zum Hotel anreisen. Für den Nachmittag waren Proben an­gesetzt. Das Konzert sollte um 19 Uhr beginnen und pünkt­lich um 22 Uhr enden, da die Band vor Beginn des Nacht­flugverbotes in Jagel sein musste.



Alles klappte wie geplant. Die Bandmitglieder rich­teten die Bühne her und fingen mit ihrer Probe an. Um 18.30 Uhr wurde der Saal geöffnet und wir warteten gespannt auf das Publikum. Hoffentlich würden genü­gend Leute kommen.



Unsere Erwartungen wurden geradezu übertroffen. Zu­sätzliche Sitzgelegenheiten mussten besorgt wer­den. Als alle untergebracht waren, fing die Band mit Stücken von Benny Goodman und Glenn Miller an. Ich saß in der ersten Reihe und beobachtete die Reaktion des Publikums. Zu meinem Erschrecken schienen sie teilnahmslos herumzusitzen. Fias­ko!!!



Was hatten die Besucher sich eigentlich unter einem Big-Band-Abend vorgestellt? Volkslieder? Vereinzelt wurde ge­klatscht, es klang jedoch mehr nach Höflich­keit. Welch Rein­fall! Um 20.30 Uhr war eine 30-minüti­ge Pause. Wenigs­tens der Hotelier kam auf seine Kos­ten.



Nach der Pause fing die Band erneut an und ich konnte meinen Augen und Ohren kaum trauen. Einzel­ne Paare fin­gen in den Gängen an zu tanzen und Solis­ten wurden frene­tisch gefeiert. Kurz vor 22 Uhr spielte ein schwarzer Trom­peter das Trompetensolo Taps aus dem Film "Verdammt in alle Ewigkeit". Der Beifall war orkanartig und wir bekamen ein Problem: das Nacht­flugverbot in Jagel. Der Bandmana­ger hatte nur eine Frage: "Wo bringen wir unsere Leute un­ter, wenn wir weiterspielen?"



Der Hotelier stellte einige freie Zimmer zur Verfü­gung und der Rest wurde kurzerhand im Seeflieger­horst unterge­bracht.



Das Konzert lief bis weit nach Mitternacht und war lan­ge Zeit im Gesprächsthema Nummer. Eins.



Diverse Zeitungsartikel in ganz Schleswig-Holstein lob­ten das Konzert.



Den sonntäglichen Brunch im Skandia erhielten wir nun zu einem Sonderpreis.

Und auch der Sport kam nicht zu kurz

Als Haushaltsmittel zur Förderung sportlicher Aktivität­en freigegeben wurden, beantragten wir Segelboo­te. Die An­bindung an die Schlei bot sich geradezu an. Nach längeren Diskussionen wurden die notwendigen Formulare ausge­füllt. Ein Tornado und ein Starboot sollten es schon sein.



Nach einigen Wochen kam die frohe Botschaft: Die Boote lägen im kleinen Hafen. Dort angekommen wa­ren wir sprachlos. Drei Tornados und drei Starboote waren angelie­fert worden. Unsere Segelgruppe hatte nur acht Mitglieder!



Wir informierten umgehend unseren Kompanie­chef. Sei­ne Reaktion war verblüffend: "Keine Aufre­gung bitte, wenn die uns sechs statt der angeforderten zwei Boote senden, soll­ten wir uns freuen. Es ist sinn­los mit den Zuständigen zu diskutieren. „Die“ haben immer recht und geben keine Feh­ler zu"



Erkenntnis: Bürokraten heißen nicht umsonst so


Die Marine in Flensburg stellte uns einen erfahren­den Oberbootsmann als Segellehrer zur Verfügung. Mir gefiel besonders seine riesige rote Nase. Er konnte offensichtlich Windänderungen damit riechen.



Unter seiner Anleitung erkundeten wir die Schlei und unsere Segelgruppe hatte regen Zulauf. Vom örtli­chen Yachtclub wurden wir wegen unserer Armada be­neidet. Ein schönes Gefühl, oder


Das Sportabzeichen und meine Schwachstellen

3000 Meter laufen

Das Ablegen der Prüfung für das Sportabzeichen wurde angeordnet. Ein Blick auf die Disziplinen zeigte zwei Proble­me auf: 3000-Meter-Lauf und 300-Me­ter-Schwimmen. Aus­gerechnet meine Achillesfersen!



In der Schulzeit hatte ich einige Erfolge auf Kurz­strecken bei Schulsportfesten, aber 3000 Meter? Da half nur Trai­ning. Deprimiert packte ich meine Turnschuhe und ging zum Sportplatz. Ein einsamer Läufer drehte seine Runden. Der Kerl schnaufte nicht mal!



Nach 400 Metern setzte ich mich total ausgepumpt ins Gras. Da kam der Bursche mit der Pferdelunge vor­bei, blieb bei mir stehen und sagte: „Hallo.“



Ich erzählte von meiner Herausforderung. „Kein Pro­blem, ich helfe gerne.“ Intervalltraining war nun täglich an­gesagt. Seine Trainingsmethoden schienen reichlich paradox. Er lief vorweg und rief „Marilyn“ oder „BV“ und ich sollte im Kopf mit „Monroe“ oder „Aral“ antworten. Das klappte tatsächlich.



Die anfänglichen Lungenstiche verschwanden. Kurz vor der Prüfung schaffte ich die geforderte Zeit. Mein Trainer bot an, als Pacemaker zu fungieren. Er brauch­te nicht ein­mal eine Uhr um die erforderlichen Run­denzeiten exakt ein­zuhalten.



Der große Tag kam und ich hielt mich an seine Anweis­ungen. „Monroe, ARAL, Monroe, ARAL“ Runde um Run­de. „Du bist genau in der Zeit, die letzte Run­de.“ Kaum ge­hört raste ich wie ein Irrer los, überholte ihn und brach nach Überquerung der Ziellinie total er­schöpft zusammen. „Was war denn mit Dir los?“ Schwer atmend: „Ich wollte die Qual so schnell wie möglich beenden!“



Erkenntnis:

Manchmal kann man über sich herauswachsen!



Ich hatte die vorgebende Zeit noch deutlich unterschritt­en und nahm mir vor: „Nie wieder mehr als 200 Meter!!!!“

300 Meter schwimmen?

Nun lag nur noch die leidige Schwimmerei vor mir. Schwimmen konnte ich zwar, aber 300 Meter in einer Fabel­zeit? Hier halfen „Marilyn und ARAL“ sicherlich nicht. Im Hallenbad wurden die Bahnen ausgelost. Mir wurde die Bahn am Beckenrand zugewiesen. Da konn­te ich mich not­falls retten bei einem möglichen Krampf.



Der Startschuss ertönte. Ich bemühte mich ohne große Wasseraufnahme, meine Bahnen zu absolvieren. Auf dem mittleren Bahnen entwickelte sich ein Wett­kampf. Drei Prüflinge lieferten sich ein spannendes Rennen. Die Zeit­nehmer waren ganz gebannt und schauten den Assen zu.



„Mir sagen Sie, dass Sie nicht gut schwimmen kön­nen, das war eine Klassezeit, kommen Sie raus.“ Halb tot hörte ich diese Worte. Ich hatte doch erst die halbe Strecke absol­viert!



Als Soldat hatte ich gelernt: Widerspruch ist zweck­los! Mit letzter Kraft erklomm ich den Beckenrand.



Erkenntnis: Manchmal reicht die halbe Distanz!



Ausflug in die Heide

Der Kalte Krieg war noch im Gange. Ein Teil von uns wurde in eine Kaserne in der Lüneburger Heide verlegt. Die US-Air-Force hatte eine temporäre Radar­station auf einem Hügel aufgebaut. Dort sollten wir den Luftraum überwa­chen. Wir machten Schichtdienst. Unsere Konsolen waren in einem aufblasbaren Zelt in­stalliert. Baulicher Höhepunkt war auf einer kleinen Anhöhe die Toilette. Vier Pfähle ver­kleidet mit einer matten Folie.



Als ich eines Nachts eine Raucherpause einlegte, sah ich Flammen in der Toilette. Ich traute meinen Au­gen nicht. Sie erloschen und Sekunden später erneut Flammen. Ich griff einen Feuerlöscher und stürmte den Hügel rauf, öffnete die Tür. Ralf schaute mich verdutzt an. „Hey, was soll das.“ „Die Flammen“ keuchte ich. „Hier zieht es eiskalt von un­ten, deshalb habe ich ein paar alte Zeitungen angezündet.“



Erkenntnis: Zündende Ideen sind manchmal hilf­reich




Während unseres Aufenthalts waren wir in einer nahelie­genden Kaserne untergebracht. Sie lag im wahrsten Sinne des Wortes am „Arsch der Welt.“ Ein­ziger Lichtblick in die­ser Zeit war eine attraktive Ser­viererin in der Kantine. Im Laufe der Wochen wurde sie immer attraktiver.



Mangels ausreichender Unterhaltungsmöglichkei­ten sa­hen die dienstfreien Tage so aus:

1.      Essen

2.      Schlafen

3.      Ein, zwei Biere bei der inzwischen schönsten Frau der Welt ordern, wenn die drei Punkte er­ledigt wa­ren, fing das Ganze wieder von vorne an.


Ich fand einen Bertelsmannkatalog mit einem Sonderang­ebot: Ein Kofferplattenspieler für nur 45,00 DM. Das war ja geradezu ein Schnäppchen. Das Formular wurde ausgefüllt, einige LPs ausgesucht und abgeschickt.



Nach einer Woche wurde ich über die Anlieferung infor­miert. Ich eilte zur Schreibstube: „Hallo, hier soll ein Paket für mich sein?“ „Ein Paket ist gut, hier sind fünf.“



Alle waren vom Buchclub. Jedes Paket enthielt einen Plattenspieler und die bestellten Langspielplat­ten. Das musste ein Irrtum sein. Ich schleppte die Lie­ferung in mein Zimmer, öffnete die Pakete und fand le­diglich eine Rechnung über einen Plattenspieler und die Platten. In den anderen Paketen lagen nur Glück­wunschschreiben an das neue Mit­glied. Ich erzählte die Geschichte meinen Kameraden und es wurde ein­stimmig beschlossen: Rechnung zahlen und war­ten.



Vier Plattenkoffer und Platten wurden für je 60,00 DM schnell verkauft. Nun klang die gleiche Musik aus mehreren Gebäuden.



Der Buchclub hat sich nie gemeldet und die Falschliefer­ung reklamiert.

Erkenntnis: Manche Clubs sind eine Bereicherung für das Leben.

Besuch aus Afrika

Unser Kommandeur verkündete den Besuch von zehn Luftwaffenkadetten aus Nigeria. Wir sollten uns um die Burschen kümmern, und uns anständig beneh­men.



Als die glorreichen Zehn eintrafen, begrüßten wir sie und erfuhren, dass für den Abend ein gemeinsames Essen einge­plant war. Die „Kadetten“ hatten einen ei­genen Koch mitge­bracht!



Die Überraschung war wirklich gelungen, es gab Cous­cous! Es sah nicht nur merkwürdig aus, sondern schmeckte auch so. Das beeinträchtigte die Stimmung jedoch nicht. Nach einigen Getränken verbrüderten wir uns.



Die Herren waren alle Söhne von Ministern, hohen Be­amten, Militärs oder sehr wohlhabenden Familien. Am Wo­chenende riefen sie Taxen und fuhren zum Flughafen nach Hamburg. Besuche in London oder Pa­ris waren standesge­mäß!



Erkenntnis: In der Schule hatten sie Afrika ganz an­ders geschildert


Vorbereitung auf das Privatleben

Kurz vor Ablauf meiner Dienstzeit erhielt ich einen Son­derauftrag. Ich sollte diverse Handbücher und Verfahrensanw­eisungen übersetzen. Meine guten Eng­lischkenntnisse prädestinierten mich geradezu für die­se Aufgabe. Ich erhielt einen abgeschlossenen Raum in der Radarstellung. Ausge­rüstet mit Schreibtisch, Schreibmaschine und einem Feld­bett. „Schließen Sie sich während der Arbeit ein. Einige Un­terlagen sind "Top Secret". Befehl ist Befehl, oder?

Ich inspizierte mein künftiges Heim. In einer Schreib­tischschublade lagen fertige Übersetzungen. Da musste doch jemand besonders fleißig gewesen sein. Wieso ist das nicht aufgefallen?

Ein Plan wurde gefasst. Ich gab jeden Tag 3-4 Seiten ab, schloss mich, bis auf die Mahlzeiten, ein und las die mitge­brachten Bücher. Ein Leben wie Gott in Frank­reich!

Mein Arbeitseifer wurde gelobt und in meiner Beurteil­ung vermerkt. Nun begann das bekannte Verfahren: noch x Tage und x Stunden.

Der Abschied

Am letzten Tag lud ich meine Mitstreiter zu einem Um­trunk ein. Es gab viel zu erzählen. Einige waren re­gelrecht neidisch. Sie hatten noch längere Zeit beim Bund zu ver­bringen. Ich würde einige der Typen sicher vermissen.

Ich hatte meine Siebensachen im Auto verstaut und machte mich auf die Fahrt nach Bremen. Ein neuer Lebensa­bschnitt lag nun vor mir. Was würde mich erwar­ten?


Die richtungsweisende Hose, oder wie alles begann …..

Nach der Bundeswehrzeit ging ich auf einen sechsmonat­igen Lehrgang bei der Deutschen Angestellten­akademie in Düsseldorf. BWL, Statistik und Program­mierung wurden nun zum Mittelpunkt meines Lebens. Besuche in der Alt­stadt sorgten für genügend Ab­wechslung.

Ich hatte ein Zimmer bei Verwandten meiner Schwester gefunden. Mein Freund Wolf Schinn kam in einem zweiten Zimmer unter. Schwierigkeiten hatten wir nur bei der mo­natlichen Mietzahlung. Sie sollte in bar gezahlt werden. Im ersten Monat überbrachte ich den Mietzins und hatte erheb­liche Probleme danach die Treppen zu meinem Zimmer zu bewältigen. Der Hausherr nutzte die Gelegenheit und prüfte meine Trinkfestigkeit!

Wir haben nach diesem Vorfall immer geknobelt und Wolf hat jedes Mal verloren. Der Arme!

Mit zwei weiteren Studienkollegen haben wir ein­mal im Monat eine Fresstour unternommen. Nur Tü­tensuppen und belegte Brötchen erzeugen Heißhun­ger, oder?

Eine dieser Touren führte uns in ein ungarisches Restaur­ant in der Altstadt. Pünktlich nahmen wir am re­servierten Tisch Platz. Ein Geiger kam an unseren Tisch und spielte die zum Menü passenden Melodien. „Fuchs“ Maurice Griff in die Brusttasche seines Jacketts und reichte dem Musiker ver­deckt etwas zu. Uns viel auf, dass der Geiger während der Schlemme­rei nur an unserem Tisch fiedelte. Als die Rech­nung kam, flüsterte „Fuchs“ : „Jungs, wie viel Geld habt ihr dabei? Ich hatte zwei Scheine, einen Zehner und einen Hun­derter. Ich habe dem Geiger 100,00 DM Trinkgeld gegeben“

Erkenntnis:  Musikgenuss kann teuer werden!

Die Düsseldorfer Altstadt bot uns ein ideales Revier für die notwendige Entspannung von der Paukerei. Nach der letzten Vorlesung zogen wir stets los. Eines Abends wollten wir uns gemütlich in einer urigen Alt­bierkneipe erholen. Schnell wurde ein Tisch auf einer Empore gefunden. Die Be­dienung bewegte sich im Schneckentempo in unsere Rich­tung. Weiße Bluse, Schürze und ausgetretene Gesundheits­latschen. Sie hatte einen Schreibblock in der Hand und frag­te zuerst Wolf: „Was darf es sein? Seine Antwort kam pfeil­schnell: „Ein Alt, bitte.“ Sie notierte die Bestellung und sah fragend zu Fuchs: „Und für Sie?“ „Auch ein Alt, bitte.“

Es wurde notiert. „Also zwei Alt.“

Wir schauten uns verdutzt an. Nun war Gerd an der Reihe. „Und für Sie, junger Mann?“

„Ich hätte gerne auch ein Alt.“

Wieder wurde der Wunsch notiert. „Das macht dann drei Alt.“ Sie schaute noch mal auf ihren Zettel. Nun war ich an der Reihe. „Sie auch ein Alt?“

„Ich hätte gerne vier Alt.“

Nun war sie geschafft. Der Zettel wurde erneut stu­diert. Stirnrunzeln.“

Sie schaute Wolf an: „Sie hatten ein Alt bestellt? „Ja, ich hätte aber gerne vier Gläser.“

Der Abend begann mir zu gefallen. Die Dame war unbe­zahlbar!

„Also noch mal von vorne. Sie möchten nun auch vier Alt?“
Zu Fuchs: „Und Sie wollten ein Alt?“

„Ich möchte meine Bestellung ändern. Bringen Sie mir bitte auch vier Alt.“ Die Arme war kurz vor einem Herzin­farkt.

„Sie bringen mich ganz durcheinander, also dreimal vier Alt und ein Alt für Sie?“ Sie schaute Gerd fragend an.

„Ach bringen Sie mir auch vier Gläschen.“

Fluchtartig verließ sie unseren Tisch. Wir warteten fei­xend auf die Lieferung. Die Szene hatte uns gefallen und musste unbedingt weiter ausgebaut werden. Sie erschien mit einem Tablett, stellte je vier Gläser vor uns hin. „So was ist mir noch nie passiert. Ich hoffe, Sie sind zufrieden. Kann ich noch etwas für Sie tun?“ Das war die Vorlage für uns!

„Ja, vielen Dank, bringen Sie uns noch einmal 16 Alt bit­te.“ Den verzweifelten Blick werde ich nie verges­sen.

„Sie haben doch gerade Ihre Bestellung erhalten und wol­len schon nachbestellen?“

„Das heißt, jeder möchte noch mal vier Alt?“ Sie zer­knüllte ihren Zettel. „Nein wir hätten jeder gerne 16 Glä­ser.“

„Aber Sie hatten gerade 16 geordert.“
„Ändern Sie die Bestellung einfach.“

„Das sind dann ja 64 Gläser?!“ Sie war mit den Ner­ven am Ende. Wir bemühten uns, ernst zu bleiben. Nun gab es kein Halten mehr.

„Am besten bringen Sie uns einfach 128, dann müs­sen sie nicht so häufig laufen.“ Nun hatten wir sie!

Kopfschüttelnd schlurfte sie zur Theke. Sie musste mehr­fach anliefern. Als alle Gläser auf dem Tisch stan­den, räumte sie die inzwischen leeren Gläser unserer Erstbestellung ab und wollte gehen.

„Bringen Sie uns bitte noch 16 Alt.“ Hoffentlich war ein Arzt in der Nähe. Sie floh geradezu.
Wir saßen vergnügt vor unserem Gläserberg und fingen an zu trinken.

Die Wirtin kam an unseren Tisch: „Meine Herren, ich habe keine Alt-Gläser mehr. Neue Gäste sind ge­kommen und ich kann kein Alt ausschenken.“
Vierstimmig: „Kein Problem, schicken Sie die Leute ein­fach zu uns. Platz genug ist da.“
„Meinen Sie wirklich ...?“
 „Ja.“

Zwei ältere Paare gesellten sich zu uns. Nach der Begrü­ßung entwickelte sich eine lebhafte Unterhal­tung. Unsere neuen Freunde waren von den Gastge­bern begeistert. Bald war der Tisch von leeren Gläsern bedeckt.

Wir winkten unsere Bedienung heran: „Bitte noch mal dasselbe.“ Wieder musste die Arme mehrmals lau­fen. Es war ein Gelage.
Unsere Gäste verabschiedeten sich: „Ein toller Abend, vielen Dank.“

Nun saßen wir bei den letzten Gläsern.
Fuchs lallend: „Wie viele Gläser hatten wir eigent­lich und was kostet der Spaß?“ Unsere finanzielle Si­tuation war wie immer angespannt und nun schien es ein Problem zu geben. Wir kramten in den Geldbörsen. Das würde wohl kaum reichen die Zeche zu beglei­chen. Was nun?

Wolf hatte eine blendende Idee: „Heiner, Du machst einen einigermaßen seriösen Eindruck. Sprich doch mal mit der Wirtin, ob wir den Rest der Rechnung morgen zahlen können. Sie kann ja unsere Ausweise, oder sogar die Arm­banduhren als Pfand behalten.“ Schlaumeier!

Nun war ich gefragt, der große Problemlöser!

Mit einem flauen Gefühl in der Magengegend schlich ich in Richtung Theke. Die Wirtin schaute mich an: „Was gibt es?“ Ich erklärte die verfahrende Situati­on. „Mach Dir keine Sorgen, mein Sohn. Eure Gäste fanden den Abend toll und haben alles bezahlt.“ Der Stein, der mir vom Herzen fiel, könnte sicherlich bis Köln gehört werden.

Erkenntnis: Manchmal wird man gerettet          

Der große Statistiker

Bei den Abschlussklausuren sah ich mich gezwun­gen Hilfe bei der Statistikaufgabe zu suchen. Unser Statistik-Ass saß direkt vor mir und hatte versprochen die Lösungen, per Schmierzettel zu liefern. Als Dr. Beissel aus dem Fenster schaute erfolgte die verabredete Transaktion. Flugs übertrug ich die Ergebnisse. Kurz vor Schluss der Klausur wollte zu meiner Verwunderung unser „Superstatistiker“ den Schmierzettel zurück. Mir war es egal, seine Hilfsaktion hat­te mich auf jeden Fall gerettet.

Bei der Verkündigung der Ergebnisse kam das böse Erwa­chen. Ich hatte als Einziger eine glatte „1“ und musste vor der Handelskammer in die mündliche Prü­fung. Unser „Su­perstatistiker“ hatte sein Ergebnis nachträglich korrigiert und endete bei einer „2.“

Ich in die mündliche Prüfung? Hilfe!!!!

Es gab nur eine Lösung: die Beichte! Dr. Beissel fand die Lösung, während alle anderen die Abende in der Altstadt verbrachten, bekam ich einen Crashkurs. Mengenindizes wurden Mittelpunkt meines Lebens.

Der Tag der mündlichen Prüfung endete erfolg­reich. Beim Verlassen des Gebäudes sagte Dr. Beissel: „Sie haben mir fast zu einem Herzinfarkt verholfen. Wie konnten Sie nur immer antworten, bevor die Frage ganz gestellt war?“

Wir haben dennoch den Erfolg bis zum frühen Mor­gen in diversen Altstadtkneipen gefeiert.

Erkenntnis: Statistisch gesehen hatte ich oft Glück
Unsere Zeit in Düsseldorf endete nicht nach dem Ab­schluss. Schinni und ich, wir wurden von der DAA beauf­tragt, die Gehaltsabrechnung der Angestellten und Dozen­ten zu optimieren. Nun begann das freie Leben. Ausschlafen, bis auf den Abgabetermin keinen Zeitdruck, voller Zugriff auf die notwendigen Ressour­cen. Der Nachmittag wurde für Interviews, Meetings und Programmierung genutzt. Abends wurden Test­läufe durchgeführt und anschließend ging es in die Altstadt.

Schinni erzählte, er müsse einen Notartermin wahrnehm­en. Als er zurückkam, war er ziemlich verwirrt. Er hatte zwar von seiner Mutter erfahren, dass sein leiblicher Vater in Düsseldorf leben würde, aber nie et­was von ihm gehört. Der Notar verlas das Testament und Wolf war als Alleinerbe über Nacht Millionär. Es mussten nur noch einige gesetzli­che Dinge geregelt werden. Der Notar (ein alter Freund sei­nes Vaters) gab Schinni einen Vorschuss auf sein Erbe: 20.000 DM und ca. 100 Goldmünzen!

Wir saßen abends lange zusammen und haben die Schick­salswendung diskutiert. „Ich hatte schon immer einen Wunsch, einmal im Leben einen Porsche fahren“ er schaute verträumt in sein Glas. „Wollen wir morgen mal beim Por­schehändler vorbeischauen?“ Eine wahr­lich gute Idee, oder?


Am nächsten Morgen fuhren wir zur Königsallee. Direkt vor dem Autohaus fanden wir einen Parkplatz. Wir schau­ten in den Verkaufsraum. Auf einer Dreh­scheibe rotierte ein rotes, 356er Cabrio. „Der ist es.“ Ein gelangweilter Auto­verkäufer bemerkte uns und sprach uns an: „Wir nehmen keine Gebrauchtwagen in Zah­lung und dieser Wagen kostet 18.600 DM.“ Er hatte Schinnis alten Opel vor dem Schau­fenster gesehen, und die beiden seltsamen Vögel in Jeans und T-Shirt waren offensichtlich keine potenziellen Käufer.“ Ar­roganter Fatzke!

„Ich brauche den Wagen zugelassen bis Freitag, schaffen Sie das?“ Selten so ein dummes Gesicht gese­hen! Der Kauf­vertrag wurde unterschrieben und Wolf legte mit Grandezza den Kaufpreis in bar auf den Tisch. „Mein Wagen wird kos­tenlos von Ihnen ent­sorgt, schönen Tag noch.“

Wir fuhren nach der Abholung gleich in den Wochenendu­rlaub.

Erkenntnis:

Ein Leben ohne Porsche ist kein richtiges Leben, oder?


Um den Anweisungen des Handbuches zu folgen, nutzen wir möglichst Landstraßen. Es war einfach herrlich mit offe­nem Verdeck zu fahren.

Ich nahm mir vor, später auch ein Cabrio zu erwer­ben. Es wurde zwei. Allerdings Käfer-Cabrios. Der Porsche kam später.

Erkenntnis: Manchmal werden Träume umgesetzt

Bremen da bin ich wieder

Nach erfolgreicher Ausbildung bei der Deutschen Ange­stellten Akademie fand ich bei der ersten Bewer­bung gleich einen Arbeitgeber in Bremen. Leider war der Einstieg in das künftige Berufsleben mit einem dreimonatigen „Zwangsurlaub“ verbunden. Der Vor­gänger musste erst den Arbeitsplatz räumen.

Drei Monate waren in dem Alter leicht zu verkraf­ten. Der Erste wurde für ausgiebige Touren durch das Unterhal­tungsangebot meiner Heimatstadt geprägt.

Erkenntnis:

 Man braucht eigentlich kaum Schlaf!

Wir nannten uns die „Könige der Nacht“ und die Ge­sichtsfarbe wurde tatsächlich „royalfahl.“

Der zweite Monat wurde für das Auftanken der lee­ren Akkus benötigt. Die Geschichtsfarbe begann sich zu norma­lisieren.

Erkenntnis:

Zu viel Schlaf macht müde und Fernsehen dumm!

Nur noch vier Wochen bis zum Start. Es wurde Zeit die Garderobe für den angehenden Programmierstar zusammen­zustellen. Zu meinem gut sitzenden Blazer fehlte nur noch eine passende Hose. Also auf in die Stadt. Beim Herrenaus­statter wurde die richtige Hose mit entsprechender Beratung in Rekordzeit gefunden (rein, fragen, probieren + passt).

Erkenntnis:

Zeitmanagement ist wichtig!


Bewaffnet mit einer schicken Einkaufstüte verließ ich den Modetempel. Mein Blick fiel auf ein großes Messingschild. In der ersten Etage des Gebäudes resi­dierte der Marktführer der damaligen Datenverarbei­tungswelt. Kurz entschlossen folgte ich dem Hinweis­schild und stand vor einem Emp­fangstresen.

„Guten Morgen, ich wollte mich erkundigen, ob Sie Praktikanten beschäftigen“ , kaum gesprochen war die Dame am Telefonieren. Sekunden später saß ich einem zuständigen Manager gegenüber. Gepflegter Haar­schnitt, gut sitzender Anzug, schicke Krawatte und ein sympathisches Lächeln. „Sie möchten ein Praktikum bei uns absolvieren?“ , es folg­ten einige gezielte Fragen und zu meiner Überraschung die Frage „Was haben Sie Morgen vor?“

Was sollte ich schon groß vorhaben? Nichts, was die Weltgeschichte gravierend ändern würde!

Er erklärte mir, dass am nächsten Tag in Hamburg ein Einstellungstest stattfinden würde, und er mich dort gerne sehen würde. Ich wies auf meinen Arbeits­vertrag hin. Das sei kein Hindernis. Mein verwirrtes Schweigen wurde um­gehend als Zusage gewertet und er führte ein kurzes Tele­fonat. „Eine Fahrkarte erhalten Sie am Empfang, viel Er­folg.“

Frage:

 Ob jeder Hosenkauf für so viel Neues in meinem Leben sorgen würde?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen