Samstag, 20. April 2013

6.3 Zurück in Deutschland



Zurück in Hamburg

Die Zeit in Texas war unvergesslich. Nach der An­kunft erfuhr ich, dass mein Vater in der Zeit verstorben war. Diese Nachricht brachte mich schnell auf den Bo­den der Tatsachen zurück. Ellen war noch in El Paso für Abschlussarbeiten. Ich überbrachte ihr die Nach­richt telefonisch.

Ulm, warum Ulm?

Völlig überraschend rief eine Sekretärin aus der City Nord mich bei der DAK an. „Hallo Herr Jäger, Sie sollen morgen mit der ersten Maschine nach Stuttgart fliegen. Sie haben einen Termin in Ulm. Das Ticket ist am Schalter für Sie hinterlegt. Ich habe einige Informa­tionen über das Meeting zusammengestellt. Herr Beyer kommt gleich zur DAK und wird Ihnen die Unterlagen mitbringen.“

Was wurde denn da gespielt? Warum dieser kurz­fristige Anruf? Wieso Ulm? Meine Termine im Projekt schienen niemand zu interessieren.

Die mitgebrachten Unterlagen brachten auch kein Licht in die Angelegenheit. Ich sollte mich nach der Ankunft in Ulm bei der Geschäftsstelle der IBM mel­den. Bei der Ankunft dort erhielt ich die Nachricht: „Die Herren, die Sie erwarten, sind noch auf einem Meeting in der Hauptverwaltung. Das kann etwas län­ger dauern. Schauen Sie doch unsere schöne Stadt et­was an und melden sich in einer Stunde wieder hier.“

Ich bummelte also durch Ulm, kaufte mir eine Zei­tung und trank einen Kaffee. Was sollte dieses Spiel nur? Nach mehrmaligen Nachfragen wurde dann ein fester Termin vereinbart! 5:00 Uhr! Mein Rückflug war für 18:00 Uhr gebucht. Langsam wurde ich wütend.

Um 15:05 Uhr wurde ich von drei Managern emp­fangen. „Hallo Herr Jäger, tut uns Leid mit der Termin­verschiebung. Hat wie immer länger gedauert in der Hauptverwaltung.“ Die sollten nun endlich mal die Karten auf den Tisch legen. Das mussten sie an mei­nem Gesicht gelesen haben.

„Sie haben sicherlich schon von dem BTX-Projekt gehört. Die Einführung von Bildschirmtext zusammen mit der Post hat höchste Priorität in Europa. Wir sind befugt, die fähigsten Mitarbeiter für dieses Projekt zu beschaffen. Deshalb haben wir Sie zu diesem Gespräch eingeladen“

 
Sie erläuterten das Projektziel und den derzeitigen Status. „Um uns etwas mehr mit einem möglichen Ein­satz von Ihnen zu beschäftigen, haben wir hier einen Fragenkatalog vorliegen. Bitte füllen Sie in aus, und wir werden uns in dreißig Minuten wieder hier treffen. Mir wurden drei Seiten überreicht und die drei verlie­ßen das Büro. Der Fragenkatalog enthielt Fragen zu al­len Gebieten unserer Tätigkeiten. Es sollte eine sechs­stufige Bewertung von „nicht bekannt bis zu Spezia­list“ vorgenommen werden.

Mein Hirn raste. Das war sicherlich eine Falle. Sagt man die Wahrheit, landet man möglicherweise in Ulm. Es galt also, die Kreuze richtig zu setzen. Als die Ma­nager nach dreißig Minuten zurückkamen, nahmen sie die Seiten und schauten kurz auf das Ergebnis. Einer nahm einige Overheadfolien und legte sie auf meine Seiten. „Da haben Sie Ihr Licht aber gewaltig unter den Scheffel gestellt. Sehen Sie mal auf die Abweichungen. Unsere Folien wurden aus einer Datenbank mit Ihren Kenntnissen und Erfahrungen erstellt. Sie sind genau der Kandidat für uns. Wir brauchen Sie unbedingt!“

Erkenntnis:
 So muss sich eine Maus fühlen, die von drei Katzen um­zingelt wird
„Bevor wir Ihnen unser Angebot unterbreiten, soll­ten Sie die Gelegenheit nutzen Pro und Kontra abzu­wägen. Schreiben Sie ihre Fragen und eventuelle Be­denken nieder. Wir sehen uns dann in dreißig Minu­ten.“

Da saß ich nun vor einem leeren Blatt Papier. Wie komme ich aus dieser verdammten Angelegenheit un­geschoren raus? Was sprach gegen einen Einsatz in diesem Projekt?

Ich fing also an:
  • Meine Tätigkeit im DAKDIS-Projekt bei der DAK
  • Ellens Tätigkeiten im Studio Hamburg. Sie hatte sich gerade selbstständig gemacht und viele Angebote von diversen Filmfirmen.
  • Mein Ziel im Ausland für die Firma zu arbeiten.
  • Wochenendfahrten Hamburg-Ulm-Hamburg
  • Karriereplanung und Aussichten
Schwerstarbeit in dreißig Minuten ein derart wichti­ges Papier zu erstellen. Mein oberstes Ziel: nicht nach Ulm!

„Fertig mit der Liste? Wir haben für Sie das SI-Inter­national am Flughafen Stuttgart gebucht und den ers­ten Flug nach Hamburg reserviert. Es ist ja später ge­worden als geplant“
Sie nahmen meine Liste und verließen das Büro. „Wir sind gleich zurück.“ Wie lange sollte dieses grau­same Spiel noch dauern? Ich wollte nur noch weg, oder wenigstens eine Zigarette rauchen.

„So wir haben die Liste durchgesehen und wollen die Punkte mit Ihnen besprechen.“ Zu den einzelnen Punkten:

Das BTX-Projekt hat, wie bereits von uns erwähnt, höchste Priorität. Wir werden Ihren Verbleib beim DAK-Projekt regeln.

Zu Ihrer Frau. München ist auch eine Filmhoch­burg. Wir haben Kontakt zu vielen Firmen in der Bran­che und können gute Möglichkeiten für Ihre Frau her­stellen. Bei einem eventuellen Umzug sind wir gerne behilflich.

Wir wissen von Ihrem Wunsch ein Ausland-Assi­gnment anzutreten. Sie haben volle Unterstützung von der Firma nach Abschluss des BTX-Projektes.

Während Ihrer Zeit in Ulm übernehmen wir alle Reisekosten. Egal ob Ihre Frau Sie hier besucht, oder Sie nach Hamburg bzw. München wollen.

Wir bieten Ihnen eine sofortige Beförderung um zwei Stufen an.

Erkenntnis:

SCHACHMATT!!

Ich saß in der Falle. Eine Absage würde meiner Kar­riere wohl sehr schaden. „Es ist spät geworden. Fahren Sie erst mal ins Hotel. Besprechen Sie unser Angebot mit Ihrer Frau und teilen uns Ihre Entscheidung in sie­ben Tagen mit“

Auf der Fahrt nach Stuttgart schwirrte mir der Kopf. Was tun? Im Hotel angekommen rief ich bei Jo­chen Körner in Hamburg an und schilderte ihm die Lage. Er stellte einige Fragen, überlegte kurz. „Wo ist Deine Frau im Augenblick?“ Gab es denn nichts Wich­tigeres? „Ellen ist in New York. Die drehen gerade einen Film dort.“ Kurzes Schweigen. „Ich habe hier noch Deinen unterschriebenen Urlaubsantrag liegen. Buche morgen einen Flug nach New York. Im Antrag steht, dass Du eine Rundreise mit einem Wohnmobil machst und daher keine feste Adresse in den USA hast. Ich werde hier versuchen, die Angelegenheit zu regeln. Ruf mich alle drei Tage hier an und ich werde Dich über den Lauf der Dinge informieren. Kopf hoch und grüß Deine Frau“

Das musste ich erst einmal alles verdauen. Es wurde eine unruhige Nacht.

Am nächsten Tag in Hamburg buchte ich einen Flug nach New York, packte ein paar Sachen und informier­te eine Nachbarin über den Futterbedarf unseres Haus­tigers. Kurz vor dem Abflug rief ich Ellen in New York an. „Ich komme heute nach New York. Melde mich bei der Ankunft.“ Für Rückfragen hatte ich keine Zeit. Nichts wie weg!

Erkenntnis: Man soll immer einen kühlen Kopf be­wahren. Klappt nicht immer!

New York, New York.....

Die Überraschung war mir gelungen. New York wollte ich immer schon besuchen. Bisher kannte ich nur den Flughafen. Vor der Ankunftshalle suchte ich eine Taxe. Ein Mann im grauen Anzug und Handschuhen sprach mich an: " Suchen Sie eine Fahrgelegenheit? Wo wollen Sie hin?". "Zum Hotel Mayflower am Central Park". "Warten Sie hier, ich bin gleich zurück".  Verdattert blieb ich stehen. Nach fünf Minuten fuhr eine Stretch-Limo vor. Mein Gepäck wurde verstaut und ich stieg ein. Im Font wurde ich von mehreren Mitreisenden begrüßt. Der Fahrer drehte sich um und erklärte mir: "Dadurch wird der Fahrpreis erheblich reduziert". Ein weiterer Fahrgast setzte sich auf den Beifahrersitz. Eine Glasscheibe wurde hochgefahren und los ging es. New  York ich komme!.

Nachdem sich der Wagen langsam leerte näherten wir uns dem Central-Park. Vor dem Hotel zahlte ich einen wahrhaft günstigen Fahrpreis.

An der Rezeption erhielt ich Zimmerschlüssel. Ellen hatte meine Ankunft schon avisiert. Den Koffer schnell auf das Bett und zur Begrüssung in das Filmbüro. Dort herrschte die übliche Hektik und wir verabredeten uns für einen Barbesuch am Abend.

Ich erzählte ihr den Grund meines Besuches und die Absprache mit Jochen.

Eine wahnsinnige Stadt 

Ellen musste immer sehr lange im Büro arbeiten. Sie drehten „Der Millionencoup“ und hatten ein strammes Pensum. Ich nutze die Gelegenheit, diese einmalige Stadt zu erkunden. Dem Naturell entsprechend waren nach den ersten Sehenswürdigkeiten die Buchläden dran. Der Begriff „Buchladen“ war eine Untertreibung. Es waren die größten Shops, die ich je gesehen hatte. Sorgen wegen des möglichen Übergepäcks musste ich mir nicht machen. Ellen lies alles mit dem Filmequip­ment später nach Hamburg transportieren. Vorge­warnt von Insidern „verkleidete“ ich mich auf „Nicht-Tourist.“ Keine Kamera, keine teure Armbanduhr, alte Jeans, Turnschuhe und niemanden direkt in die Augen schauen half bei meinen Exkursionen. Unbehelligt konnte ich mich bewegen.

Er waren tolle Erkundigungen, besonders mit Ro­bert de Niro als Fremdenführer. Ich hatte den Schau­spieler und Synchronsprecher Christian Brückner ken­nengelernt. Er zeigte mir Ecken dieser Metropole, die „normale“ Touristen kaum zu sehen bekamen. Seine markante Stimme lies den Eindruck entstehen mir Ro­bert de Niro durch NY zu strolchen.
Einen Abend verbrachten Ellen und ich in Jimmy Ryans (Jazzclub).Ein Höhepunkt! Langsam verdrängte ich die Ulm-Geschichte. Jochen hatte mir telefonisch mitgeteilt ich solle noch abgetaucht bleiben.

Nun wurde es Zeit für den Besuch des Empire State Buildings. Als Kind kriegte ich einen Bildband über New York zu Weihnachten und hatte mir fest vorge­nommen, mindestens einmal im Leben die Aussicht über die Stadt zu genießen. Man musste bei der Fahrt zur Aussichtsplattform mehrmals die Fahrstühle wech­seln. Oben angekommen wimmelte es von japanischen Reisegruppen. Freundlich lächelt forderten sie mich auf, sich und ihre Familien mit ihren Kameras zu foto­grafieren. Ich war im Dauereinsatz und wurde mit vie­len Verbeugungen belohnt. Es gelang mir nicht, bis zur Brüstung vorzustoßen. Ich beschloss, den Besuch auf einen anderen Termin zu verlegen.

Erkenntnis:
Man muss auch mal NEIN sagen können!

New York hat mich sehr beeindruckt. Die Stadt schi­en nie zu schlafen. Hupende Autos, Sirenen vierund­zwanzig Stunden. Wenn es regnete, tauchten blitzartig Schirmverkäufer auf. Sie wurden ihre Ware umgehend los. Die Schirme konnte man zwar öffnen, aber nicht wieder schließen. Ab in den nächsten Papierkorb da­mit. Eine wirklich durchdachte Geschäftsidee!

Ein vertrauter Duft erreichte meine Nase: Bratwurst und Sauerkraut! Ein fahrbarer Stand bot diese Köst­lichkeiten an. Der Besitzer war ein deutscher Auswan­derer. Während ich die Portion verschlang, erzählte er, dass er heute an dieser Position bleibe müsse. Außen­minister Genscher hatte ein Treffen im Haus gegen­über und hatte als Stammkunde darum gebeten.

Meine Streifzüge durch die Metropole sorgten für wunde Füße. Also wurden Taxen und U-Bahnen ins Programm aufgenommen. Eine Taxe zu ergattern war ein Abenteuer für sich. Wenn sie endlich hielt, musste man mit anderen Menschen um den Einstieg kämpfen. Ziemlich rücksichtsloses Volk die New Yorker!

Greenwich Village

An einem freien Abend besuchten Ellen und ich Greenwich Village. Zwei Teammitglieder schlossen sich uns an. Hier brummte im wahrsten Sinne des Wortes der Bär. Wir verschwanden geradezu in der wimmelnden Menschenmasse. Es gab so viel zu entde­cken. Das galt besonders für mein holdes Weib. Ein Hosenanzug aus Leder war im Schaufenster einer Bou­tique ausgestellt. Ich sah den Blick von Ellen und wusste es gab keine Möglichkeit hier ungeschoren vor­bei zu kommen. Also rein in den Laden, anprobieren und mit der Kreditkarte zur Kasse. Dort erklärte man, dass es z. Z. Probleme mit dem Kassensystem geben würde. In einer Stunde würde es sicherlich funktionie­ren. Zeit hatten wir genug. Der Anzug war reserviert und wir stürzten uns erneut in das Gewimmel.

„Ich habe Hunger.“ Dieser Hilferuf von Ellen erfor­derte sofortiges Handeln. Wir standen gerade vor ei­nem italienischen Restaurant. Die Leuchtbuchstaben zeigten „Santa y Margarita.“ Was immer das heißen mochte, wir gingen rein. Der Laden war leer. Gutes oder schlechtes Zeichen? Egal, Ellen hatte Hunger, oder?

Es war für New York einfach zu früh. Hier begann das Leben anscheinend erst um 23 Uhr. Mindestens in den Restaurants.

Ein italienisches Restaurant sollte das Hungerpro­blem meiner Gattin lösen. Wir waren die ersten Gäste. Als der Ober die Menü-Karten brachte, fragte er, ob wir besondere Musikwünsche hätten. Er würde jede gewünschte Arie für uns singen. Candid Camera?

Ellen wünschte sich Che gelida manina von Puccini und zu unserer Überraschung fing der Ober an zu sin­gen. Er hatte eine herrliche Stimme und erzählte uns, er würde gerade Musik studieren. Das Restaurant füll­te sich schnell, und man hörte überall die singenden Kellner. Zwischendurch ging ich zur Boutique, musste aber erfahren, dass die Abbuchung noch nicht erfolgt sei.

Zurück im Restaurant fingen alle Gäste an zu ap­plaudieren. Meinetwegen? Die Metropolitan Opera hatte ihr Programm beendet und die Stars des Abends waren im Lokal erschienen. Das war wirklich günstiger als ein Opern-Abo: tolles Essen und herrliche Musik!
Gegen Mitternacht konnte ich den Anzug endlich abholen, und wir führen zurück in unser Hotel.

Das Traumsteak im Gallaghers

New York ohne Besuch eines der legendären Steak­häuser war nicht drin. Ich hörte vom Gallaghers und reservierte einen Tisch.


Der Eingang wurde von Schaufenstern mit Rinder­hälften eingerahmt. Der Laden war riesengroß. Lautes Stimmengewirr, Bilder von prominenten Besuchern an den Wänden. Wir wurden zu unserem Tisch geführt. Ein Ober erschien und fragte nach unseren Wünschen. Er nahm die acht unterschiedlichen Bestellungen auf, ohne sich Notizen zu machen.“ Sind Sie sicher, dass wir genau die bestellten Gerichte auch geliefert kriegen?“ Er lachte: „Wenn Sie zwanzig Jahre hier arbeiten, brauchen Sie keine Notizen.“

Er hatte recht. Alles war perfekt. Rare, Medium, Well done wie geordert. Ab sofort wurde jedes Steak mit dem Pendant vom Gallaghers verglichen, und ver­lor nach Punkten.

Gerettet, Ulm musste ohne mich aus­kommen

Als der erlösende Anruf von Jochen den „Zwangs­urlaub“ beendete, buchte ich den Rückflug nach Ham­burg. Beim Einchecken wurde ich gefragt, ob ich bereit sei, meinen geplanten Flug über London umzubuchen. Pan Am hatte offensichtlich einen wichtigen Passagier für London. Mir war es egal, Hauptsache zurück nach Hamburg. Die neue Zwischenlandung in Amsterdam würde die Ankunft nur um eine Stunde verzögern. Als Dankeschön wurde mir der Rückflug gutgeschrieben.

Erkenntnis:
Sei großzügig und Du wirst belohnt (manchmal)


Hinter den Kulissen

Die Geschichte meiner Rettung vor der drohenden Versetzung war ein Musterbeispiel der Handhabung von unangenehmen Situationen. Die hohe Kunst der Strippenzieherei wurde zelebriert. Nach meinem An­ruf aus Stuttgart besprach Jochen die Angelegenheit mit Hugo Eisele dem zuständigen GS-Leiter.

Ein Plan wurde entwickelt. Beide weihten Dr. H. von der DAK ein. Der „lieferte“ ein Schreiben an die IBM mit dem Hinweis auf eine Installationsunterbre­chung im Falle meiner Versetzung nach Ulm. Dieses Schreiben wurde nun von der Geschäftsstelle an den obersten Vertriebschef der IBM Herrn Michel geleitet. Dieser schrieb an den BTX-Verantwortlichen Herrn Dorn und wies auf die Konsequenzen hin.

Dorn musste einen Rückzieher machen und ich war gerettet.

Die beste Methode, um Informationen zu bekom­men, ist die, selbst welche zu geben.

Wollen Sie bei mir in Paris arbeiten?

Bei einem Besuch der Geschäftsstelle traf ich Herrn Langwagen. Er war vor Jahren nach Paris ins Haupt­quartier der IBM gegangen. Wir tranken einen Kaffee in der Cafeteria und er erzählte von seiner Tätigkeit in Paris. Als er fragte, ob ich mir einen Wechsel nach Paris vorstellen könne, sagte ich spontan zu.

Die Büros in Paris würden in einigen Monaten be­zugsfertig sein und ich sollte mein Management über meine Pläne informieren.

Das tat ich umgehend. Ich konnte kaum erwarten, Ellen die Neuigkeiten mitzuteilen. Paris war ihre Lieb­lingsstadt. Während ihrer Zeit in der Modebranche war sie mehrmals dort gewesen.

Als ich ihr von meinem Plan erzählte, war sie Feuer und Flamme. Alles wurde nun auf den großen Tag aus­gerichtet. Neues Auto? Kein Bedarf. Geplante Umbau­ten in der Wohnung? Gestrichen!

Ellen rief ihre Freundin Christina in Paris an und teilte ihr unseren baldigen Umzug mit. Das Telefon glühte geradezu.

Das böse Erwachen

Ich arbeitete weiterhin im DAK-Projekt. Alle waren über meine Pläne informiert. Eines Tages fuhr ich in die City-Nord. Im Empfang traf ich Herrn Langwagen. „Ich bin sehr enttäuscht von Ihrem Chef zu hören, Sie hätten sich entschlossen lieber in Hamburg zu bleiben. Warum haben Sie mich nicht angerufen?“

Ich hörte zwar die Worte, konnte aber nicht glau­ben, was da gesagt wurde. Als er mir sagte, er hätte einen Termin mit meinem Chef, ging ich gleich mit ihm. Die Angelegenheit musste umgehend geklärt werden.

Erich Z. schaute sehr überrascht, als ich mit Lang­wagen sein Zimmer betrat. „Hallo Herr Jäger, können wir uns später treffen, ich habe einen wichtigen Termin mit Herrn Langwagen.“

„Gerade deshalb möchte ich vorher einiges klären. Haben Sie Herrn Langwagen mitgeteilt, ich würde lie­ber in Hamburg bleiben?“

„Nein, das muss ein Missverständnis sein, ich habe lediglich gesagt, Sie würden sich sehr erfolgreich am Projekt beteiligen.“


Erkenntnis:

Wortspielereien bevorzugte ich nur im Privatleben

Ich griff zur Brieftasche, nahm ein zusammengefal­tetes A4-Blatt und bat um einen Kugelschreiber. Ver­dutzt reichte er mir seinen Lamy. Ich entfaltete das Blatt, trug das Datum ein und unterschrieb schwung­voll.

„Hier ist meine Kündigung, wünsche noch ein er­folgreiches Meeting“

Man hört häufig den Satz von den entgleisenden Gesichtszügen, hier war der Beweis!

Ich meldete mich telefonisch beim Projekt ab und fuhr heim. Dort angekommen klingelte das Telefon pausenlos, wurde aber gnadenlos ignoriert.


Menschen in meinem Leben

Freunde und Ex-Kollegen

Jochen Körner

EX-IBM Manager. Habe viel von ihm gelernt. Jochen war der Projektleiter der IBM bei der DAK. Ich habe selten einen Menschen mit so viel Energie und Durch­setzungsvermögen getroffen. Sein Führungsstil hat mich geprägt. Während der Zeit mit ihm lernte ich, dass man auch mit wenig Schlaf auskommen kann.

Martin Ellert R.I.P.

Habe Martin bei der DAK kennengelernt. Nach einem Urlaub in Finnland wollten wir mit unseren Frauen es­sen gehen. Ich rief ihn nach der Rückkehr an. Martin versprach, nach Feierabend bei uns anzurufen. Gegen 20 Uhr klingelte das Telefon. Seine Frau Manuela er­zählte uns, dass Martin im Wartezimmer eines Tierarz­tes durch einen Hirnschlag gestorben sei. Manuela war sehr gefasst. Im Urlaub hätte Martin das Lied „Knocking on heavens door“ gehört und gesagt: Das Lied soll auf meiner Beerdigung gespielt werden. Hat­te er eine Vorahnung?

Peter Harries R.I.P.


Ex-IBM und später Gesellschafter der ISC. Peter war die stets gut gelaunte Sportskanone. Ich saß eines Abends in meinem Büro bei der DAK, als er plötzlich hereinschneite. „Bin gerade vorbeigefahren und habe das Licht in Deinem Büro gesehen. Typisch Du, voller Aschenbecher, Kaffeekanne und kein Ende finden. Kennst Du einen Urologen?“ Peter, ich pinkele immer geradeaus, schau ins Branchenbuch.“ Der Ton war wie gewohnt kollegial, oder?

Am nächsten Tag erhielt ich einen Anruf. Peter war in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Verdacht auf Hodenkrebs. Ich fuhr sofort los, um ihn zu besuchen. Als ich sein Zimmer gefunden hatte, kam ein Arzt her­aus. „Hallo, sind Sie ein Verwandter von Herrn Har­ries?“ Ich erklärte unsere Beziehung und fragte: „Was ist mit Peter los?

Der Arzt war anscheinend ziemlich verwirrt. „Ich woll­te mit Herrn Harries über die Operation und weitere Behandlung sprechen. Ich kam gar nicht dazu. Er führ­te einfach ein Interview mit mir. Wie es mir ginge, ob ich nicht überarbeitet sei usw. Als ich ihn fragte, warum er diese Fragen stellte, erklärte er, er wüsste gerne in welche Hände er sich begibt. Typisch mein Freund Peter!

Nach mehreren Chemotherapien versuchte er wieder zu arbeiten. Er war noch zu schwach und schaffte sel­ten mehr als zwei Stunden. Ich sprach mit meinen Mit­gesellschaftern über die Reaktivierung des Arbeitsver­hältnisses, um Peter wieder das volle Gehalt zu zahlen. Entgeistert hörte ich den Kommentar von Peter A.: „Wenn Du das aus Deiner eigenen Tasche zahlst, ist mir das egal. Er ist nicht arbeitsfähig und es geht auch um mein Geld.“ Diese Bemerkung war der Beginn mei­ner Überlegungen die ISC zu verlassen.


Heiko Sven Hausemann R.I.P.


Ich wollte Ellen vom Studio Hamburg abholen. Sie ar­beitete als Produktions-Sekretärin für die Ullstein AV. Als ich die Tür zu den Büroräumen öffnete, war der Flur menschenleer. In den hinteren Räumen wurde lautstark „diskutiert. Ein Mann kam aus dem ersten Büro und fragte, ob er mir helfen könne. „Ich suche meine Frau Ellen Jäger.“ „Da nehmen Sie besser Platz bei mir. Wie man hören kann, mischt Ellen gerade das Team auf. Das dauert länger.“ So lernte ich Sven ken­nen. Er war Redakteur bei der Ullstein AV. Wir unter­hielten uns sehr angeregt. Sven schrieb gerade ein Buch über Percussions. Es wurde allmählich leiser auf dem Flur und ich verabschiedete mich.

Aus diesem ersten Treffen entwickelte sich eine lange Freundschaft. Ich habe einmal über den Begriff Freundschaft nachgedacht und musste feststellen, es gab nur einen der 100 % in diese Kategorie passte. Wir konnten über alles reden. Ein Satz bleibt für immer im Gedächtnis: Du bist nicht Harun al Raschid, lerne zu zuhören! Es bezog sich auf meine leidigen Versuche, ein guter Mensch mit stets offener Brieftasche zu sein.


Hugo Eisele

EX-IBM Manager. Ich habe selten in meinem Leben einen Menschen getroffen, der diese Bezeichnung so verdient hat.

Klaus Beyer


IBM-Vertrieb. Habe mit ihm lange beim DAK-Projekt zusammengearbeitet.

Klaus-Dieter Graf

EX-DAK, Ex-Kieler Landesbank, EX-Hertie und noch mehr. Der Begriff „Arbeitstier“ ist sicherlich eine passende Bezeichnung für ihn. Wir haben Nächte durchgearbei­tet, diskutiert und gefeiert.

Charlotte Meyer


EX-DAK, Leiterin der Systemprogrammierung

Albert Pee


EX-IBM, der Weinkenner. Werde die Tage in Hamburg bei der DAK nie vergessen.

Rüdiger Otte


Ex-IBM, brachte mir bei immer einige Ordner im Arm zu halten. Machte einen beschäftigten Eindruck


Erich Zink


IBM RZ-Leiter Hamburg. Habe viel von ihm gelernt.

Carl-Heinz Müller

EX-IBM, der Skipper vieler gemeinsamer Se­geltörns. Kalle ist ein begnadeter Koch. Nach jedem gemeinsamen Törn musste ich fasten.

Bernd Puschendorf    
  

EX-IBM, zeigte schon sehr früh, dass sein Weg ihn an die Spitze führen werde. Hat mehrere Vorstandsposten in diversen Unternehmen durchlaufen. Wir haben viele schöne Stunden mit ihm und seiner Frau Karin verbracht

Personen die im Buch erwähnt werden


Ralf Pritschmann (Bundeswehr)

Es gibt Menschen die man nie vergisst. Ralf war ein wahres Sprachgenie. Er brauchte nur wenige Wochen um eine neue Sprache zu beherrschen. Dieses Talent gepaart mit technischem Können und viel Humor machte ihn einzigartig.

Dieter (Conny) Konrads ( Bundeswehr)

Unser Impresario. Wir wurden später Arbeitskollegen bei der IBM

Wolf Schinn

Ich traf Wolf während der Zeit bei der DAA.

Vadim Glowna R.I.P.

Regisseur und Schauspieler. Er hat mehrere Filme mit Ellen zusammengearbeitet. Wir hatten viele schöne Ge­spräche.

Joe Sierra

 (Chief der Tigua Indianer, Texas)

Mike Dippolito El Paso

Hotelbesitzer Plaza Hotel. Hat viele Wege geöffnet.

Stephen und Jane Lawrence

Ein englisches Ehepaar welches wir in Spanien ken­nengelernt hatten. Wir haben viele schöne Tage mit ih­nen erlebt

Nora Chavoosian

Art-Director

Dieter Flimm

Filmarchitekt

Zed Zavidis

EX-Chef der IRC in England.

Lee Dicke

Gründer der IRC. Habe viel von ihm gelernt.

Jon Wolfe

Systemberater der IRC.
Leidenschaftlicher Rennfahrer    








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